Mann, der auf dem Oktoberfest einer Streamerin ins Gesicht ej wollte, lässt uns abmahnen [und unsere Antwort]
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Mann, der auf dem Oktoberfest einer Streamerin ins Gesicht ej wollte, lässt uns abmahnen [und unsere Antwort]
„Sehr geehrte Damen
und Herren,
ich zeige an, die rechtliche Vertretung meines Mandanten Seraphin T. (hier anonymisiert) übernommen zu haben. Ich bin beauftragt, seine Persönlichkeits- und Datenschutzrechte umfassend zu wahren. Die Bevollmächtigung wird anwaltlich versichert.
Gegenstand meiner Intervention ist die von Ihnen zu verantwortende, rechtswidrige Veröffentlichung [...]
Ich beziehe mich konkret auf den Beitrag unter der URL: https://landgerichtsreport.de/Seraphin-T-Kunshikitty-Oktoberfest-2025
Inhaltlich greifen Sie den sogenannten Oktoberfest-Vorfall vom 22. September 2025 auf und stellen meinen Mandanten sowohl bildlich erkennbar als auch durch weitere Zuordnungsmerkmale dar, etwa durch namentliche Initiale, berufliche Funktion und Bezug zu seinem Arbeitgeber. Damit ist er zweifelsfrei identifizierbar. Auf der Seite sind zudem Kontaktangaben Ihres Medienangebots genannt, was Ihre Verantwortlichkeit unterstreicht.
Diese Form der Berichterstattung verletzt ihn massiv in seinen fundamentalen Rechten.
I. Sachverhalt
Sie berichten über den Vorfall zwischen meinem Mandanten und der Streamerin „Kunshikitty“ und veröffentlichen hierzu ein Bild, auf dem mein Mandant erkennbar ist, sowie Textpassagen, die seine Person anhand weiterer Merkmale einengen, darunter die Bezeichnung als „Seraphin T.“ und die Zuordnung als Mitgeschäftsführer eines konkret benannten Hotels. Durch die Kombination von Bildnis und ergänzenden Identifikationsmerkmalen verstärken Sie die Identifizierbarkeit über die reine Bilddarstellung hinaus.
Durch die Kombination der unverpixelten Darstellung mit einer stark negativen Kontextualisierung wird mein Mandant einem weltweiten Publikum gegenüber identifiziert und an den medialen Pranger gestellt. Es wurden keinerlei Maßnahmen zur Anonymisierung ergriffen.
II. Rechtliche Würdigung
Die Verbreitung des unverpixelten Bildmaterials ist unzulässig. Sie verletzt meinen Mandanten in seinem Recht am eigenen Bild gemäß § 78 Urheberrechtsgesetz (UrhG), seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (§ 16 ABGB, Art 8 EMRK), seinem Recht auf Identitätsschutz nach dem Mediengesetz (MedienG) sowie seinem Grundrecht auf Datenschutz (§ 1 DSG, DSGVO).
1. Verletzung des Bildnisschutzes (§ 78 UrhG) durch unverhältnismäßige Identifizierung
Gemäß § 78 Abs 1 UrhG ist die Veröffentlichung eines Bildnisses unzulässig, wenn dadurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden. Die Darstellung einer Person im Zusammenhang mit dem Vorwurf strafbaren oder moralisch verwerflichen Verhaltens verletzt diese Interessen evident.
Die Zulässigkeit erfordert eine umfassende Interessenabwägung zwischen dem Persönlichkeitsschutz meines Mandanten (Art 8 EMRK) und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit (Art 10 EMRK). Diese Abwägung fällt eindeutig zugunsten meines Mandanten aus.
a) Fehlende Erforderlichkeit der Identifizierung
Es wird nicht verkannt, dass die Thematik der sexuellen Belästigung im öffentlichen Raum Gegenstand eines legitimen öffentlichen Interesses ist. Dieses Interesse rechtfertigt jedoch ausschließlich die Berichterstattung über den Vorfall als solchen, nicht aber die identifizierende Darstellung der beteiligten Privatpersonen.
Mein Mandant ist keine Person des öffentlichen Lebens. Sein Gesicht hat für das Verständnis des Vorfalls und die damit verbundene gesellschaftliche Debatte keinerlei Informationswert.
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (OGH) ist bei der Berichterstattung stets das Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu wahren; es ist das gelindeste Mittel zu wählen. Wenn das Informationsbedürfnis durch eine anonymisierte Darstellung ebenso befriedigt werden kann, ist die Identifizierung unzulässig.
b) Massive Prangerwirkung
Die unverpixelte Veröffentlichung führt zu einer massiven und unverhältnismäßigen Prangerwirkung. Die Eingriffsintensität ist bei Online-Veröffentlichungen aufgrund der faktischen Unmöglichkeit des Vergessens besonders hoch. Diese digitale Bloßstellung gefährdet die soziale und berufliche Existenz meines Mandanten nachhaltig.
2. Verletzung des Grundrechts auf Datenschutz (DSGVO, § 1 DSG)
Die digitale Verbreitung stellt eine Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß Art. 4 Nr. 1 und 2 DSGVO dar.
Diese Datenverarbeitung ist rechtswidrig, da sie nicht auf eine taugliche Rechtsgrundlage gemäß Art 6 Abs 1 DSGVO gestützt werden kann. Eine Einwilligung (lit a) liegt nicht vor.
Die Verarbeitung kann auch nicht auf ein berechtigtes Interesse (Art 6 Abs 1 lit f DSGVO) gestützt werden. Zwar kann die journalistische Berichterstattung ein berechtigtes Interesse darstellen. Jedoch ist die Verarbeitung nur zulässig, wenn sie erforderlich ist und sofern nicht die Grundrechte der betroffenen Person überwiegen. Hier ist das Grundrecht meines Mandanten auf Geheimhaltung seiner personenbezogenen Daten (§ 1 DSG, Art 8 GRC) massiv betroffen.
Die datenschutzrechtliche Interessenabwägung führt zum selben Ergebnis wie die medienrechtliche Prüfung: Die Verarbeitung des identifizierbaren Bildnisses ist zur Erfüllung des journalistischen Auftrags nicht erforderlich. Das öffentliche Interesse bezieht sich auf den Vorfall, nicht auf die Identität meines Mandanten.
Selbst unter Berücksichtigung des sogenannten Medienprivilegs (vgl. Art 85 DSGVO) ist die Verarbeitung unzulässig. Die Abwägung der widerstreitenden Grundrechte (Meinungsfreiheit gegen Datenschutz und Privatsphäre) stützt die Erforderlichkeit der Identifizierung nicht. Angesichts der massiven Prangerwirkung und der Stigmatisierung durch die weltweite digitale Verbreitung überwiegen die Interessen meines Mandanten evident. Die Veröffentlichung des unverpixelten Bildmaterials ist somit datenschutzwidrig.
3. Verletzung des Identitätsschutzes (§ 7a MedienG) und der Unschuldsvermutung
Die Veröffentlichung verstößt zudem gegen § 7a MedienG. Demnach ist die Veröffentlichung von Bildnissen einer Person, die einer gerichtlich strafbaren Handlung verdächtig ist, unzulässig, wenn dadurch schutzwürdige Interessen in einem Maße verletzt werden, das durch das öffentliche Interesse nicht gerechtfertigt ist.
Ihre Berichterstattung nimmt eine Vorverurteilung vor („verbalsexuellen Übergriff “) und verletzt die Unschuldsvermutung (Art 6 Abs 2 EMRK). Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Identität des Verdächtigen besteht nur bei schwersten Straftaten oder wenn die Identität für das Verständnis des Sachverhalts unerlässlich ist. Beides ist hier nicht der Fall.
4. Keine Rechtfertigung durch Vorveröffentlichung
Der Umstand, dass das Material im Rahmen eines Livestreams entstand oder bereits in sozialen Medien kursiert, rechtfertigt Ihre identifizierende Berichterstattung nicht. Die Verbreitung durch Dritte legalisiert keinen Grundrechtseingriff. Jeden Medieninhaber und Betreiber einer Webpage trifft vielmehr eine erhöhte Verantwortung und Prüfpflicht.
Rechtlich stütze ich meine Aufforderung in Deutschland auf §§ 22, 23 KUG in Verbindung mit §§ 823, 1004 BGB analog und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Bildnisse dürfen grundsätzlich nur mit Einwilligung verbreitet werden; Ausnahmen für Ereignisse der Zeitgeschichte sind eng auszulegen und unterliegen stets der strengen Interessenabwägung. Bei Verdachts- und Ereignisberichterstattung über Privatpersonen ist die identifizierende Abbildung regelmäßig unzulässig, wenn eine schonendere Berichterstattung - hier: Pixelierung - den Informationszweck gleichermaßen erfüllt. Die Rechtsprechung herleitet Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche bei rechtswidrigen Bildveröffentlichungen seit langem aus §§ 823, 1004 BGB analog i.V.m. §§ 22, 23 KUG. Ich verweise ergänzend auf Ziffer 13 des Deutschen Pressekodex zur Unschuldsvermutung und zur Vermeidung präjudizierender Darstellungen.
Soweit Sie sich auf ein überragendes Informationsinteresse berufen wollen, weise ich darauf hin, dass die vom Bundesgerichtshof für außergewöhnliche Konstellationen anerkannte identifizierende Verdachtsberichterstattung - jüngst im Kontext des Wirecard-Komplexes - auf exponierte Protagonisten eines Vorgangs von zeitgeschichtlicher Tragweite zugeschnitten war und auf den vorliegenden Fall eines nichtprominenten Oktoberfestbesuchers nicht übertragbar ist. Im Ergebnis gilt: Der Vorgang kann und soll berichtet werden, die Identität meines Mandanten jedoch nicht.
III. Ansprüche und Aufforderung
Aufgrund der dargelegten Rechtslage steht meinem Mandanten ein Anspruch auf Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes (gestützt auf MedienG, UrhG und als Löschungsanspruch nach Art 17 DSGVO) und auf Unterlassung der künftigen Verbreitung des Videos in unverpixelter Form zu. Die Wiederholungsgefahr wird durch die erfolgte Rechtsverletzung indiziert und kann nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden.
Ich fordere Sie daher im Namen meines Mandanten auf:
1. Das unter der genannten URL abrufbare Material unverzüglich so zu bearbeiten, dass eine Identifizierung meines Mandanten ausgeschlossen ist - insbesondere durch durchgehende, wirksame Verpixelung des Gesichts - und sämtliche zusätzlich identifizierenden Angaben zu seiner Person zu entfernen, oder die Seite vollständig offline zu nehmen.
2. Zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr die beiliegende strafbewehrte Unterlassungserklärung rechtsverbindlich unterfertigt an mich zu retournieren.
[Fristen]
Sollten diese Fristen fruchtlos verstreichen, bin ich beauftragt, unverzüglich gerichtliche Schritte gegen Sie einzuleiten, insbesondere durch Beantragung einer einstweiligen Verfügung.
Weitere Ansprüche, insbesondere auf Geldentschädigung und immateriellen Schadenersatz bleiben ausdrücklich vorbehalten.”
[...]
vielen Dank für Ihre E-Mail.
Der an uns herangetragene Sachverhalt wurde intern überprüft, und wir kommen Ihnen auf freiwilliger Basis, ohne dass wir einen Rechtsgrund hierfür anerkennen, soweit entgegen, dass Ihr Mandant auf dem Bild nicht mehr zu erkennen ist. Den konkreten Namen des Hotels (...) haben wir, ohne dass es darauf ankäme, neutralisiert.
Im Einzelnen:
1. Kein Verdacht, sondern bestätigter Sachverhalt
Die streitgegenständliche Berichterstattung bezieht sich nicht auf einen Verdacht, sondern auf ein nachweislich stattgefundenes Verhalten, das von dem Betroffenen in Kenntnis eines laufenden Streams (!) eigenständig begangen und anschließend öffentlich eingeräumt wurde. In einem Interview mit einer Vorarlberger Regionalzeitung (s. Anlage) erklärte Ihr Mandant unter persönlicher Bezugnahme, dass er sich entsprechend verhalten habe und dieses Verhalten nicht zu rechtfertigen sei. Es handelt sich folglich um eine faktische Selbstbestätigung des zuvor dokumentierten Vorfalls.
Damit liegt der Berichterstattung ein wahrer und öffentlich eingeräumter Sachverhalt zugrunde, sodass bspw. von einer Verdachtsberichterstattung keine Rede mehr sein kann.
2. Selbstöffnung durch öffentliche Einlassung
Durch die persönliche Einlassung gegenüber der Presse hat sich der Betroffene selbst öffentlich in Verbindung mit dem Vorfall gesetzt. Wer sich eigeninitiativ und ohne Zwang öffentlich zu einem Fehlverhalten äußert, öffnet sich damit auch der öffentlichen Auseinandersetzung und Nachforschung. Dies gilt auch dann, wenn die Äußerung – wie hier – nicht mit vollständigem Namen erfolgt ist. Entscheidend ist die bewusste Selbsteinordnung in einen öffentlichen Diskurs, die hier eindeutig erfolgt ist.
3. Öffentliches Interesse und gesellschaftliche Relevanz
Der Vorfall betrifft eine videographisch dokumentierte körperliche und verbale Belästigung der Streamerin „Kunshikitty“ durch Ihren Mandanten in einem öffentlichen Raum (hier: Oktoberfest), der in erheblichem Umfang mediale und gesellschaftliche Aufmerksamkeit erzeugt hat. Der Betroffene ist Mitgeschäftsführer eines regional bekannten Beherbergungsbetriebs und nimmt damit eine Position ein, die eine gewisse Öffentlichkeitswirkung entfaltet. Die Berichterstattung erfüllt daher ein überwiegendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit, insbesondere im Hinblick auf den gesellschaftlich relevanten Umgang mit (Alltags-)Sexismus, Übergriffigkeit und Verantwortlichkeit im öffentlichen Raum.
4. Maßvolle und verhältnismäßige Berichterstattung
In der Berichterstattung auf Landgerichtsreport.de wurde kein vollständiger Name genannt. Es erfolgte eine Initialisierung („Seraphin T.“) sowie die Benennung des Unternehmens, für das der Betroffene tätig ist. Diese Informationen sind öffentlich recherchierbar und belegbar, eben u.a. auch durch frühere Impressumsangaben, deren Entfernung im Nachgang dokumentiert wurde (z. B. via Wayback Machine). Die Darstellung erfolgte sachlich, nicht diffamierend, ohne unnötige Dramatisierung oder Vorverurteilung. Die Rückverfolgbarkeit ist Folge berechtigter journalistischer Recherche, nicht rechtswidriger Bloßstellung.
[...]
Den von Ihnen erhobenen Vorwurf einer „Prangerwirkung“ – gar eines „massiven Prangers“ – weisen wir in aller Deutlichkeit zurück. Diese Behauptung entbehrt jeder Grundlage und ist angesichts der objektiven, maßvollen Berichterstattung schlicht unwahr.
5. Abwägung der widerstreitenden Grundrechte
Im Rahmen der gebotenen Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK) des Betroffenen einerseits und der Pressefreiheit sowie der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK) andererseits überwiegt im konkreten Fall das öffentliche Berichterstattungsinteresse.
Ausschlaggebend ist:
§ Die Wahrheit des Sachverhalts,
§ die Selbstöffnung des Betroffenen,
§ die gesellschaftliche Relevanz des Vorfalls,
§ die maßvolle Darstellung,
§ sowie die Tatsache, dass die Recherchierbarkeit auf öffentlich zugänglichen Quellen (z.B. X, Wayback Machine) basiert.
6. Schlussfolgerung
Die von Ihnen beanstandete Veröffentlichung ist rechtlich zulässig. Es besteht daher weder ein Unterlassungsanspruch noch ein Anspruch auf Kostenübernahme.
7. Vorlage dieser Stellungnahme im Fall gerichtlicher Inanspruchnahme
Sollten Ihrerseits gerichtliche Schritte unternommen werden, fordern wir Sie vorsorglich auf, diese Erwiderung samt Anlagen dem Gericht in vollständiger und lesbarer Fassung vorzulegen.
Abschließend weisen wir darauf hin, dass das Landgericht Berlin II in einem aktuellen Urteil vom 12. August 2025 , Az: 27 O 255/25 eV (s. Anlage), die Zulässigkeit einer identifizierenden Berichterstattung trotz Persönlichkeitsrechtseingriffs bestätigt hat; selbst in Fällen, in denen der Betroffene durch die Darstellung belastet wird. Entscheidend ist, dass die Pressefreiheit und das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiegen, wenn die Tatsachengrundlage gesichert ist, die Person (auch) im öffentlichen Raum agiert und die Darstellung sachlich bleibt.
Mit freundlichen Grüßen
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ich zeige an, die rechtliche Vertretung meines Mandanten Seraphin T. (hier anonymisiert) übernommen zu haben. Ich bin beauftragt, seine Persönlichkeits- und Datenschutzrechte umfassend zu wahren. Die Bevollmächtigung wird anwaltlich versichert.
Gegenstand meiner Intervention ist die von Ihnen zu verantwortende, rechtswidrige Veröffentlichung [...]
Ich beziehe mich konkret auf den Beitrag unter der URL: https://landgerichtsreport.de/Seraphin-T-Kunshikitty-Oktoberfest-2025
Inhaltlich greifen Sie den sogenannten Oktoberfest-Vorfall vom 22. September 2025 auf und stellen meinen Mandanten sowohl bildlich erkennbar als auch durch weitere Zuordnungsmerkmale dar, etwa durch namentliche Initiale, berufliche Funktion und Bezug zu seinem Arbeitgeber. Damit ist er zweifelsfrei identifizierbar. Auf der Seite sind zudem Kontaktangaben Ihres Medienangebots genannt, was Ihre Verantwortlichkeit unterstreicht.
Diese Form der Berichterstattung verletzt ihn massiv in seinen fundamentalen Rechten.
I. Sachverhalt
Sie berichten über den Vorfall zwischen meinem Mandanten und der Streamerin „Kunshikitty“ und veröffentlichen hierzu ein Bild, auf dem mein Mandant erkennbar ist, sowie Textpassagen, die seine Person anhand weiterer Merkmale einengen, darunter die Bezeichnung als „Seraphin T.“ und die Zuordnung als Mitgeschäftsführer eines konkret benannten Hotels. Durch die Kombination von Bildnis und ergänzenden Identifikationsmerkmalen verstärken Sie die Identifizierbarkeit über die reine Bilddarstellung hinaus.
Durch die Kombination der unverpixelten Darstellung mit einer stark negativen Kontextualisierung wird mein Mandant einem weltweiten Publikum gegenüber identifiziert und an den medialen Pranger gestellt. Es wurden keinerlei Maßnahmen zur Anonymisierung ergriffen.
II. Rechtliche Würdigung
Die Verbreitung des unverpixelten Bildmaterials ist unzulässig. Sie verletzt meinen Mandanten in seinem Recht am eigenen Bild gemäß § 78 Urheberrechtsgesetz (UrhG), seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (§ 16 ABGB, Art 8 EMRK), seinem Recht auf Identitätsschutz nach dem Mediengesetz (MedienG) sowie seinem Grundrecht auf Datenschutz (§ 1 DSG, DSGVO).
1. Verletzung des Bildnisschutzes (§ 78 UrhG) durch unverhältnismäßige Identifizierung
Gemäß § 78 Abs 1 UrhG ist die Veröffentlichung eines Bildnisses unzulässig, wenn dadurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden. Die Darstellung einer Person im Zusammenhang mit dem Vorwurf strafbaren oder moralisch verwerflichen Verhaltens verletzt diese Interessen evident.
Die Zulässigkeit erfordert eine umfassende Interessenabwägung zwischen dem Persönlichkeitsschutz meines Mandanten (Art 8 EMRK) und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit (Art 10 EMRK). Diese Abwägung fällt eindeutig zugunsten meines Mandanten aus.
a) Fehlende Erforderlichkeit der Identifizierung
Es wird nicht verkannt, dass die Thematik der sexuellen Belästigung im öffentlichen Raum Gegenstand eines legitimen öffentlichen Interesses ist. Dieses Interesse rechtfertigt jedoch ausschließlich die Berichterstattung über den Vorfall als solchen, nicht aber die identifizierende Darstellung der beteiligten Privatpersonen.
Mein Mandant ist keine Person des öffentlichen Lebens. Sein Gesicht hat für das Verständnis des Vorfalls und die damit verbundene gesellschaftliche Debatte keinerlei Informationswert.
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (OGH) ist bei der Berichterstattung stets das Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu wahren; es ist das gelindeste Mittel zu wählen. Wenn das Informationsbedürfnis durch eine anonymisierte Darstellung ebenso befriedigt werden kann, ist die Identifizierung unzulässig.
b) Massive Prangerwirkung
Die unverpixelte Veröffentlichung führt zu einer massiven und unverhältnismäßigen Prangerwirkung. Die Eingriffsintensität ist bei Online-Veröffentlichungen aufgrund der faktischen Unmöglichkeit des Vergessens besonders hoch. Diese digitale Bloßstellung gefährdet die soziale und berufliche Existenz meines Mandanten nachhaltig.
2. Verletzung des Grundrechts auf Datenschutz (DSGVO, § 1 DSG)
Die digitale Verbreitung stellt eine Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß Art. 4 Nr. 1 und 2 DSGVO dar.
Diese Datenverarbeitung ist rechtswidrig, da sie nicht auf eine taugliche Rechtsgrundlage gemäß Art 6 Abs 1 DSGVO gestützt werden kann. Eine Einwilligung (lit a) liegt nicht vor.
Die Verarbeitung kann auch nicht auf ein berechtigtes Interesse (Art 6 Abs 1 lit f DSGVO) gestützt werden. Zwar kann die journalistische Berichterstattung ein berechtigtes Interesse darstellen. Jedoch ist die Verarbeitung nur zulässig, wenn sie erforderlich ist und sofern nicht die Grundrechte der betroffenen Person überwiegen. Hier ist das Grundrecht meines Mandanten auf Geheimhaltung seiner personenbezogenen Daten (§ 1 DSG, Art 8 GRC) massiv betroffen.
Die datenschutzrechtliche Interessenabwägung führt zum selben Ergebnis wie die medienrechtliche Prüfung: Die Verarbeitung des identifizierbaren Bildnisses ist zur Erfüllung des journalistischen Auftrags nicht erforderlich. Das öffentliche Interesse bezieht sich auf den Vorfall, nicht auf die Identität meines Mandanten.
Selbst unter Berücksichtigung des sogenannten Medienprivilegs (vgl. Art 85 DSGVO) ist die Verarbeitung unzulässig. Die Abwägung der widerstreitenden Grundrechte (Meinungsfreiheit gegen Datenschutz und Privatsphäre) stützt die Erforderlichkeit der Identifizierung nicht. Angesichts der massiven Prangerwirkung und der Stigmatisierung durch die weltweite digitale Verbreitung überwiegen die Interessen meines Mandanten evident. Die Veröffentlichung des unverpixelten Bildmaterials ist somit datenschutzwidrig.
3. Verletzung des Identitätsschutzes (§ 7a MedienG) und der Unschuldsvermutung
Die Veröffentlichung verstößt zudem gegen § 7a MedienG. Demnach ist die Veröffentlichung von Bildnissen einer Person, die einer gerichtlich strafbaren Handlung verdächtig ist, unzulässig, wenn dadurch schutzwürdige Interessen in einem Maße verletzt werden, das durch das öffentliche Interesse nicht gerechtfertigt ist.
Ihre Berichterstattung nimmt eine Vorverurteilung vor („verbalsexuellen Übergriff “) und verletzt die Unschuldsvermutung (Art 6 Abs 2 EMRK). Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Identität des Verdächtigen besteht nur bei schwersten Straftaten oder wenn die Identität für das Verständnis des Sachverhalts unerlässlich ist. Beides ist hier nicht der Fall.
4. Keine Rechtfertigung durch Vorveröffentlichung
Der Umstand, dass das Material im Rahmen eines Livestreams entstand oder bereits in sozialen Medien kursiert, rechtfertigt Ihre identifizierende Berichterstattung nicht. Die Verbreitung durch Dritte legalisiert keinen Grundrechtseingriff. Jeden Medieninhaber und Betreiber einer Webpage trifft vielmehr eine erhöhte Verantwortung und Prüfpflicht.
Rechtlich stütze ich meine Aufforderung in Deutschland auf §§ 22, 23 KUG in Verbindung mit §§ 823, 1004 BGB analog und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Bildnisse dürfen grundsätzlich nur mit Einwilligung verbreitet werden; Ausnahmen für Ereignisse der Zeitgeschichte sind eng auszulegen und unterliegen stets der strengen Interessenabwägung. Bei Verdachts- und Ereignisberichterstattung über Privatpersonen ist die identifizierende Abbildung regelmäßig unzulässig, wenn eine schonendere Berichterstattung - hier: Pixelierung - den Informationszweck gleichermaßen erfüllt. Die Rechtsprechung herleitet Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche bei rechtswidrigen Bildveröffentlichungen seit langem aus §§ 823, 1004 BGB analog i.V.m. §§ 22, 23 KUG. Ich verweise ergänzend auf Ziffer 13 des Deutschen Pressekodex zur Unschuldsvermutung und zur Vermeidung präjudizierender Darstellungen.
Soweit Sie sich auf ein überragendes Informationsinteresse berufen wollen, weise ich darauf hin, dass die vom Bundesgerichtshof für außergewöhnliche Konstellationen anerkannte identifizierende Verdachtsberichterstattung - jüngst im Kontext des Wirecard-Komplexes - auf exponierte Protagonisten eines Vorgangs von zeitgeschichtlicher Tragweite zugeschnitten war und auf den vorliegenden Fall eines nichtprominenten Oktoberfestbesuchers nicht übertragbar ist. Im Ergebnis gilt: Der Vorgang kann und soll berichtet werden, die Identität meines Mandanten jedoch nicht.
III. Ansprüche und Aufforderung
Aufgrund der dargelegten Rechtslage steht meinem Mandanten ein Anspruch auf Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes (gestützt auf MedienG, UrhG und als Löschungsanspruch nach Art 17 DSGVO) und auf Unterlassung der künftigen Verbreitung des Videos in unverpixelter Form zu. Die Wiederholungsgefahr wird durch die erfolgte Rechtsverletzung indiziert und kann nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden.
Ich fordere Sie daher im Namen meines Mandanten auf:
1. Das unter der genannten URL abrufbare Material unverzüglich so zu bearbeiten, dass eine Identifizierung meines Mandanten ausgeschlossen ist - insbesondere durch durchgehende, wirksame Verpixelung des Gesichts - und sämtliche zusätzlich identifizierenden Angaben zu seiner Person zu entfernen, oder die Seite vollständig offline zu nehmen.
2. Zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr die beiliegende strafbewehrte Unterlassungserklärung rechtsverbindlich unterfertigt an mich zu retournieren.
[Fristen]
Sollten diese Fristen fruchtlos verstreichen, bin ich beauftragt, unverzüglich gerichtliche Schritte gegen Sie einzuleiten, insbesondere durch Beantragung einer einstweiligen Verfügung.
Weitere Ansprüche, insbesondere auf Geldentschädigung und immateriellen Schadenersatz bleiben ausdrücklich vorbehalten.”
Erwiderung
Erwiderung
Erwiderung
[...]
vielen Dank für Ihre E-Mail.
Der an uns herangetragene Sachverhalt wurde intern überprüft, und wir kommen Ihnen auf freiwilliger Basis, ohne dass wir einen Rechtsgrund hierfür anerkennen, soweit entgegen, dass Ihr Mandant auf dem Bild nicht mehr zu erkennen ist. Den konkreten Namen des Hotels (...) haben wir, ohne dass es darauf ankäme, neutralisiert.
Im Einzelnen:
1. Kein Verdacht, sondern bestätigter Sachverhalt
Die streitgegenständliche Berichterstattung bezieht sich nicht auf einen Verdacht, sondern auf ein nachweislich stattgefundenes Verhalten, das von dem Betroffenen in Kenntnis eines laufenden Streams (!) eigenständig begangen und anschließend öffentlich eingeräumt wurde. In einem Interview mit einer Vorarlberger Regionalzeitung (s. Anlage) erklärte Ihr Mandant unter persönlicher Bezugnahme, dass er sich entsprechend verhalten habe und dieses Verhalten nicht zu rechtfertigen sei. Es handelt sich folglich um eine faktische Selbstbestätigung des zuvor dokumentierten Vorfalls.
Damit liegt der Berichterstattung ein wahrer und öffentlich eingeräumter Sachverhalt zugrunde, sodass bspw. von einer Verdachtsberichterstattung keine Rede mehr sein kann.
2. Selbstöffnung durch öffentliche Einlassung
Durch die persönliche Einlassung gegenüber der Presse hat sich der Betroffene selbst öffentlich in Verbindung mit dem Vorfall gesetzt. Wer sich eigeninitiativ und ohne Zwang öffentlich zu einem Fehlverhalten äußert, öffnet sich damit auch der öffentlichen Auseinandersetzung und Nachforschung. Dies gilt auch dann, wenn die Äußerung – wie hier – nicht mit vollständigem Namen erfolgt ist. Entscheidend ist die bewusste Selbsteinordnung in einen öffentlichen Diskurs, die hier eindeutig erfolgt ist.
3. Öffentliches Interesse und gesellschaftliche Relevanz
Der Vorfall betrifft eine videographisch dokumentierte körperliche und verbale Belästigung der Streamerin „Kunshikitty“ durch Ihren Mandanten in einem öffentlichen Raum (hier: Oktoberfest), der in erheblichem Umfang mediale und gesellschaftliche Aufmerksamkeit erzeugt hat. Der Betroffene ist Mitgeschäftsführer eines regional bekannten Beherbergungsbetriebs und nimmt damit eine Position ein, die eine gewisse Öffentlichkeitswirkung entfaltet. Die Berichterstattung erfüllt daher ein überwiegendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit, insbesondere im Hinblick auf den gesellschaftlich relevanten Umgang mit (Alltags-)Sexismus, Übergriffigkeit und Verantwortlichkeit im öffentlichen Raum.
4. Maßvolle und verhältnismäßige Berichterstattung
In der Berichterstattung auf Landgerichtsreport.de wurde kein vollständiger Name genannt. Es erfolgte eine Initialisierung („Seraphin T.“) sowie die Benennung des Unternehmens, für das der Betroffene tätig ist. Diese Informationen sind öffentlich recherchierbar und belegbar, eben u.a. auch durch frühere Impressumsangaben, deren Entfernung im Nachgang dokumentiert wurde (z. B. via Wayback Machine). Die Darstellung erfolgte sachlich, nicht diffamierend, ohne unnötige Dramatisierung oder Vorverurteilung. Die Rückverfolgbarkeit ist Folge berechtigter journalistischer Recherche, nicht rechtswidriger Bloßstellung.
[...]
Den von Ihnen erhobenen Vorwurf einer „Prangerwirkung“ – gar eines „massiven Prangers“ – weisen wir in aller Deutlichkeit zurück. Diese Behauptung entbehrt jeder Grundlage und ist angesichts der objektiven, maßvollen Berichterstattung schlicht unwahr.
5. Abwägung der widerstreitenden Grundrechte
Im Rahmen der gebotenen Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK) des Betroffenen einerseits und der Pressefreiheit sowie der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK) andererseits überwiegt im konkreten Fall das öffentliche Berichterstattungsinteresse.
Ausschlaggebend ist:
§ Die Wahrheit des Sachverhalts,
§ die Selbstöffnung des Betroffenen,
§ die gesellschaftliche Relevanz des Vorfalls,
§ die maßvolle Darstellung,
§ sowie die Tatsache, dass die Recherchierbarkeit auf öffentlich zugänglichen Quellen (z.B. X, Wayback Machine) basiert.
6. Schlussfolgerung
Die von Ihnen beanstandete Veröffentlichung ist rechtlich zulässig. Es besteht daher weder ein Unterlassungsanspruch noch ein Anspruch auf Kostenübernahme.
7. Vorlage dieser Stellungnahme im Fall gerichtlicher Inanspruchnahme
Sollten Ihrerseits gerichtliche Schritte unternommen werden, fordern wir Sie vorsorglich auf, diese Erwiderung samt Anlagen dem Gericht in vollständiger und lesbarer Fassung vorzulegen.
Abschließend weisen wir darauf hin, dass das Landgericht Berlin II in einem aktuellen Urteil vom 12. August 2025 , Az: 27 O 255/25 eV (s. Anlage), die Zulässigkeit einer identifizierenden Berichterstattung trotz Persönlichkeitsrechtseingriffs bestätigt hat; selbst in Fällen, in denen der Betroffene durch die Darstellung belastet wird. Entscheidend ist, dass die Pressefreiheit und das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiegen, wenn die Tatsachengrundlage gesichert ist, die Person (auch) im öffentlichen Raum agiert und die Darstellung sachlich bleibt.
Mit freundlichen Grüßen

Berlin, am 18.10.2025 © Buckminster NEUE ZEIT
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