Unechtes kontradiktorisches Versäumnisurteil + die Zulässigkeit einer erst in zweiter Instanz erhobenen Drittwiderklage und Widerklage. Einblick in unsere Prozesshistorie vom Amtsgericht bis zum Bundesgerichtshof
Unechtes kontradiktorisches Versäumnisurteil + die Zulässigkeit einer erst in zweiter Instanz erhobenen Drittwiderklage und Widerklage. Einblick in unsere Prozesshistorie vom Amtsgericht bis zum Bundesgerichtshof
Unechtes kontradiktorisches Versäumnisurteil + die Zulässigkeit einer erst in zweiter Instanz erhobenen Drittwiderklage und Widerklage. Einblick in unsere Prozesshistorie vom Amtsgericht bis zum Bundesgerichtshof
Unechtes kontradiktorisches Versäumnisurteil + die Zulässigkeit einer erst in zweiter Instanz erhobenen Drittwiderklage und Widerklage. Einblick in unsere Prozesshistorie vom Amtsgericht bis zum Bundesgerichtshof
Unechtes kontradiktorisches Versäumnisurteil + die Zulässigkeit einer erst in zweiter Instanz erhobenen Drittwiderklage und Widerklage. Einblick in unsere Prozesshistorie vom Amtsgericht bis zum Bundesgerichtshof
Unechtes kontradiktorisches Versäumnisurteil + die Zulässigkeit einer erst in zweiter Instanz erhobenen Drittwiderklage und Widerklage. Einblick in unsere Prozesshistorie vom Amtsgericht bis zum Bundesgerichtshof
Hinweis: Über das genaue (auch gegenseitige) Klagebegehren wird aus persönlichen Gründen zunächst nicht berichtet.
Amtsgericht (I. Instanz), Berufung und LG-Hinweisbeschluss
Ein Berliner Amtsrichter gab einer offensichtlich unzulässigen Klage statt und garnierte sein Urteil mit sarkastischen Bemerkungen.
Gegen das Urteil des Amtsgerichts wurde Berufung eingelegt und diese offensichtlich begründet.
Die Kammer des Landgerichts Berlin II reagierte mit einem Hinweisbeschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO.
Damit unterstellte sie der Berufung auf unhaltbare Weise einen Misserfolg.
Binnen zwei Wochen geschah folgendes:
-
vollständiger Anwaltswechsel
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Scan und Studium der vier Aktenbande direkt im Gericht
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Sichtung eines handgeschriebenen Hinweises des Vorsitzenden an die Berichterstatterin
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Ablehnung aller drei am Hinweisbeschluss beteiligten Kammermitglieder
Zulässig i.S.d. ︎︎︎ - 1 BvR 526/19 - -
30-seitige Anwaltsstellungnahme
- Widerklageerhebung; diese wurde später noch ausgeweitet (Drittwiderklage)
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Pyschotherapeutisches Gutachten
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Erwägung von Strafanzeigen gegen die drei Richter am Landgericht
- Später: Streitverkündungsschriftsatz an den früheren Rechtsanwalt
Der neue Prozessbevollmächtigte äußerte sich in verschiedenen Anwaltsschriftsätzen wie folgt:
„Der offenbar nicht ganz so begabte Amtsrichter hatte schlicht die seit über einhundert Jahren herrschende Judikatur „übersehen“ (zitiert auch vom LG Nürnberg/Fürth), wonach eine [...] Siegelungspflicht im weltlichen Recht nicht als Formvorschrift behandelt wird, sondern ihre Nichtbeachtung zu einem Vertretungsmangel führt.”
„Weil die Beklagte einen unkonventionellen Stil hat [...], wurde sie zur Zielscheibe des offensichtlich voreingenommenen Richters am Amtsgericht [...]. Dieser erkannte mit Fehlurteil vom [...] für „Recht“, was er bei Wahrnehmung seiner Amtspflicht zur Beachtung der ober- und höchstgerichtlichen Rechtsprechung als Unrecht hätte erkennen können und müssen. Die Argumentation der Beklagten konnte sich auf eine über hundert Jahre alte Rechtsprechungslinie stützen, die ihren Ausgang in einer Entscheidung des Reichsgerichts von 1906 nahm und bis heute ober- und höchstgerichtlich fortgeführt und -entwickelt wurde. Richter [...] überging jedoch nicht nur diese – von Beginn an zutreffend, wenn auch nicht unter Anführung sämtlicher Entscheidungen vorgetragene – ober- und höchstgerichtlich wieder und wieder bestätigte Rechtslage, sondern versagte [...] mit der sarkastischen Bemerkung [...].
Ein krasses, nur durch Befangenheit zu erklärendes Fehlverhalten eines Richters, der geschworen hat, „das Richteramt getreu dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, der Verfassung von Berlin und getreu dem Gesetz auszuüben, nach bestem Wissen und Gewissen ohne Ansehen der Person zu urteilen und nur der Wahrheit und Gerechtigkeit zu dienen" (§ 2 RiGBln).
Die Richter der Zivilkammer [...] des Landgerichts Berlin – [...] als Vorsitzender, [...] und [...] als Beisitzer – führten diesen Irrweg zunächst mit Scheuklappen fort, bis sie [...] am [...] an den Rand eines Justizabgrunds namens „Hinweisbeschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO“ geführt hatten. Erst als der Unterzeichner als neuer Prozessbevollmächtigter die im Jahr 1906 vom Reichsgericht begründete und bis heute fortgeführte ober- und höchstgerichtliche Rechtsprechung auf mehr als 30 Seiten und in über 30 Stunden Arbeit im Einzelnen vorexerzierte und aufzeigte, was seit über 100 Jahren von anderen Gerichten für Recht erkannt wird, setzte bei den Richtern offenbar ein Erkenntnis- und Besserungsprozess ein. Dieser mündete über drei Monate später in einem zweiten, zum ersten diametral entgegengesetzten Hinweisbeschluss vom [...], mit dem die Klage als unzulässig bezeichnet wurde.
Die von jenseits der Rechtsordnung rührenden Widerstände, die [...] überwinden musste, um ihr von Art. [...] GG grundrechtlich geschütztes Recht [...] vor Gericht zur Geltung zu bringen, könnten höher nicht sein.
Die wegen eines Prozessschadens von über XX.000 Euro seitens [...] erhobene Widerklage wurde von der Zivilkammer [...] zunächst in zwei weiteren Hinweisbeschlüssen noch als unzulässig bezeichnet, bevor auch hier nach Schriftsätzen des Unterzeichners eine bessere Einsicht folgte. Mit der (unhaltbaren) Behandlung der Widerklage als unbegründet wichen die Richter dann dem Interessenkonflikt aus, die Auswirkungen ihres eigenen – bis zum ersten Hinweisbeschluss bestehenden – amtspflichtwidrigen Fehlverhaltens auf die Schadensersatzpflicht von [...] prüfen zu müssen. Dass sie über die Widerklage als Richter auch in eigener Sache urteilen müssten, hatte [...] bereits zuvor – erfolglos, aber zutreffend – mit ihrem Ablehnungsgesuch beanstandet. Der BGH entscheidet nun über die Revision der Beklagten.”
Aus Anwaltsschriftsätzen an das Landgericht Berlin II wird hinsichtlich der Unzulässigkeit der Klage sowie der erst in zweiter Instanz erhobenen Widerklage und Drittwiderklage punktuell zitiert.
Die Klage ist – nach Maßgabe jahrzehntelanger höchstrichterlicher Rechtsprechung – offensichtlich unzulässig und auf die zulässige und begründete Berufung hin durch Prozessurteil abzuweisen.
Das von der Kammer mit dem Hinweisbeschluss angekündigte Vorgehen nach § 522 Abs. 2 ZPO ist prozessordnungswidrig, was jedenfalls nach Lektüre dieses Schriftsatzes auch für die Kammer offensichtlich ist.
Es ist Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen.
Die [...] ist nicht Partei dieses Rechtsstreits geworden, weil sie bei Erteilung der vorgelegten Vollmacht von [...] nicht wirksam vertreten wurde, sohin auch durch [...] Rechtsanwälte nicht wirksam vertreten wird (unter I.).
Die im Rubrum als „Prozessbevollmächtigte“ der Klägerseite genannte [...] Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten ist in diesem Rechtsstreit von Beginn an als vollmachtlose Prozessvertreterin vor Gericht aufgetreten.
Der genannten Partnerschaftsgesellschaft fehlt in prozessualer Hinsicht seit Klageerhebung und in materiell-rechtlicher Hinsicht [...] die Rechtsmacht, die [...] wirksam zu vertreten. Grund dafür ist, dass die der Partnerschaftsgesellschaft erteilte Vollmacht (GA, Bd. I, Bl. 17) außerhalb der Vertretungsmacht der [...] lag. Frau [...] handelte bei Vollmachtserteilung – in mehrfacher Hinsicht – als falsa procuratrix.
Notwendigkeit der Siegelaufbringung beschränkt die Vertretungsmacht
Die im Urteil des Amtsgerichts und auch im Hinweisbeschluss der Kammer vertretene Auffassung, das nach Art. [...] auf Vollmachten der [...] aufzubringende Siegel könne ohne Folgen für den bürgerlichen Rechtsverkehr entfallen, ist rechtsirrig.
Es trifft zwar zu, dass das Binnenrecht öffentlich-rechtlicher Körperschaften die bundesrechtlichen Maßgaben zur Form rechtsgeschäftlicher Erklärungen, einschließlich der Erteilung von (Prozess-)Vollmachten,1 unberührt lässt. Das untere Gericht und die Kammer haben jedoch übersehen, dass nach einer schon in der Belle Époque beginnenden und bis heute fortgeführten höchstrichterlichen Judikatur der Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeiten binnenrechtliche „Formvorschriften“ für Willenserklärungen öffentlich-rechtlicher Körperschaften als Beschränkungen der Vertretungsmacht der für die Körperschaft handelnden Organe zu verstehen sind. Das Reichsgericht entschied dies erstmals am 4. Dezember 1906 (RGZ 64, 408). Daran schlossen sich zahlreiche übereinstimmende Folgeentscheidungen des Reichsgerichts an. Der BGH und ihm folgend das BAG und das BVerwG setzten diese Rechtsprechungslinie nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes fort.
Enscheidungen der obersten Bundesgerichte liegen – soweit ersichtlich – bislang für „Formvorschriften“ vor, die für Willenserklärungen und [...]
Die angeführte höchstrichterliche Rechtsprechung gilt darüber hinaus aber für alle öffentlichrechtlichen Körperschaften und damit auch für [...] Verbände wie die [...]. Zur Begrenzung der Vertretungsmacht durch „Formvorschriften“, die für Willenserklärungen [...] gelten, sind instanz- und obergerichtliche Entscheidungen veröffentlicht:
Jeweils zu dem als Landesrecht fortgeltenden Preußischen Gesetz über die Verwaltung des katholischen Kirchenvermögens vom 24. Juli 1924, das „Formanforderungen“ für die Willensbildung innerhalb der katholischen Kirche regelt: LG Osnabrück, NJW 1985, 388; OLG Hamm NVwZ 1994, 205; LAG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 18. Januar 2000 – 11 (10a) Sa 100/99 – juris-Rn. 60; LG Duisburg, Urt. v. 24. Mai 2012 – 1 O 312/11 – juris-Rn. 16
Unter Anwendung binnenrechtlicher Vorschriften, die von der katholischen Kirche selbst erlassen wurden: OLG Frankfurt a. M., NVwZ 2001, 958; VGH Mannheim, Urt. v. 31. Juli 2007 – 1 S 972/04 –, juris-Rn. 46 a. E.
Sogar für das – auch hier im Streit stehende – Erfordernis der Aufbringung eines Siegels nach den Grundordnungen evangelischer Kirchen liegen obergerichtliche Entscheidungen vor: OLG Jena, Urt. v. 6. 3. 2007 – 5 U 615/06 – NJOZ 2007, 5296; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20.6.2018 – 24 U 159/17 –, NJOZ 2019, 1152 Rn. 32 f.
Erst Beschluss des [...]rats begründet Vertretungsmacht seines Vorsitzenden bzw. des stellvertretenden Mitglieds
Die Vollmacht (GA Bd. I, Bl. 17) ist auch deshalb unwirksam, weil ihre Erteilung nicht durch einen formell und materiell rechtmäßigen Beschluss des [...]rates gedeckt ist.
[...] beantragen wir
1. die Widerbeklagte zu verurteilen,
a. die Beklagte und Widerklägerin von einer Rechtsanwaltsvergütung in Höhe von bislang [...] Euro freizustellen, die sie [...] Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB aufgrund einer Vergütungsvereinbarung vom [...] für die Anfertigung des vorliegenden Schriftsatzes vom [...] und des zugleich angebrachten Ablehnungsgesuchs sowie damit verbundene
Korrespondenz und Besprechungen schuldet;
b. der Beklagten und Widerklägerin ein in das Ermessen des Gerichts
gestelltes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
2. festzustellen, dass die Widerbeklagte verpflichtet ist, der Beklagten und Widerklägerin alle über die unter 1. genannten Schäden hinausgehenden materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr enstanden sind oder noch enstehen infolge
a. der Ausstellung einer als Vollmacht bezeichneten Urkunde durch die Widerbeklagte unter dem [...] (GA, Bd. I, Bl. 17),
b. des Zugangs der von [...] Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten („[...] Rechtsanwälte“) verfassten [...] vom [...] (GA, Bd. I, Bl. 15-16) und [...] (GA, Bd. I, Bl. 19-20) sowie deren Mitteilung an die zur erst- und zweitinstanzlichen Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits berufenen Gerichte,
c. der Einreichung der von [...] Rechtsanwälte verfassten Schriftsätze nebst Anlagen vom [...] (GA, Bd. I, Bl. 90-94 und 95-181), vom [...] (GA, Bd. II, Bl. 1-62), vom [...] (GA, Bd. II, Bl. 180-183) und vom [...] (GA, Bd. III, Bl. 77-82) bei Gericht sowie deren Mitteilung an die Beklagte und ihre Prozessbevollmächtigten,
d. der Klageerhebung und der erst- und zweitinstanzlichen Prozessführung durch [...] Rechtsanwälte im vorliegenden Rechtsstreit,
e. des Urteils des Amtsgerichts [...] vom [...] – [...] (GA, Bd. II, Bl. 189-190 und 192-198),
f. des Hinweisbeschlusses des Landgerichts Berlin II vom [...] – [...] (GA, Bd. III, Bl. 85-89 und Leseabschrift vor Bl. 90).
2. festzustellen, dass die Widerbeklagte verpflichtet ist, der Beklagten und Widerklägerin alle über die unter 1. genannten Schäden hinausgehenden materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr enstanden sind oder noch enstehen infolge
a. der Ausstellung einer als Vollmacht bezeichneten Urkunde durch die Widerbeklagte unter dem [...] (GA, Bd. I, Bl. 17),
b. des Zugangs der von [...] Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten („[...] Rechtsanwälte“) verfassten [...] vom [...] (GA, Bd. I, Bl. 15-16) und [...] (GA, Bd. I, Bl. 19-20) sowie deren Mitteilung an die zur erst- und zweitinstanzlichen Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits berufenen Gerichte,
c. der Einreichung der von [...] Rechtsanwälte verfassten Schriftsätze nebst Anlagen vom [...] (GA, Bd. I, Bl. 90-94 und 95-181), vom [...] (GA, Bd. II, Bl. 1-62), vom [...] (GA, Bd. II, Bl. 180-183) und vom [...] (GA, Bd. III, Bl. 77-82) bei Gericht sowie deren Mitteilung an die Beklagte und ihre Prozessbevollmächtigten,
d. der Klageerhebung und der erst- und zweitinstanzlichen Prozessführung durch [...] Rechtsanwälte im vorliegenden Rechtsstreit,
e. des Urteils des Amtsgerichts [...] vom [...] – [...] (GA, Bd. II, Bl. 189-190 und 192-198),
f. des Hinweisbeschlusses des Landgerichts Berlin II vom [...] – [...] (GA, Bd. III, Bl. 85-89 und Leseabschrift vor Bl. 90).
I. Zulässigkeit der Widerklage
Die Widerklage ist zulässig. Durch das Rechtsinstitut der Widerklage soll die Vervielfältigung und Zersplitterung von Prozessen vermieden werden. Zusammengehörende Ansprüche sollen einheitlich verhandelt und entschieden werden können. Dieses Ziel kann mit der isolierten Widerklage gegen einen bisher am Rechtsstreit nicht Beteiligten jedenfalls dann erreicht werden, wenn die Dinge tatsächlich und rechtlich eng miteinander verknüpft sind und keine schutzwürdigen Interessen des Widerbeklagten verletzt werden (BGH, Urteil vom 13. März 2007 - VI ZR 129/06, NJW 2007, 1753 Rn. 10; Beschluss vom 7. Februar 2013 - IX ZR 186/11, IPRspr 2013, Nr. 177, 385, 386 f). Entscheidend sind also die enge Verknüpfung des Gegenstands der Klage mit dem Gegenstand der Widerklage und die fehlende Beeinträchtigung schützenswerter Interessen des Widerbeklagten (BGH, Urteil vom 13. März 2007, aaO Rn. 13; Beschluss vom 7. Februar 2013, aaO; Urteil vom 7. November 2013 - VII ZR 105/13, NJW 2014, 1670 Rn. 16). Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben, da sich der Rechtsstreit schon bislang mit der Frage befasst, ob [...] mit oder ohne Vertretungsmacht für [...] handelte und welche Folgen dies für die Zulässigkeit und Begründetheit der Klage hat. Mit der Widerklage werden lediglich weitere Rechtsfolgen zur Geltung gebracht, die das Überschreiten der Vertretungsmacht durch [...] hat. Zusätzlicher Prozessstoff wird – mit Ausnahme des geltend gemachten Schadens durch die über RVG hinausgehende Rechtsanwaltsvergütung – nicht eingeführt. Dass diese neuen Tatsachen erst jetzt in der Berufungsinstanz vorgetragen werden, beruht aber nicht auf Nachlässigkeit der Beklagten, da diese Tatsachen erst nach dem Hinweisbeschluss der Kammer entstanden sind.
II. Begründetheit der Widerklage
Die Beklagte und Widerklägerin hat gegen die Widerbeklagte Ansprüche auf Schadensersatz, weil sie vorsätzlich, jedenfalls aber grob fahrlässig bei Ausstellung der Vollmacht ihre Vertretungsmacht überschritt. Sie hat deshalb rechtlich dafür einzustehen, dass [...] Rechtsanwälte als vollmachtlose Vertreterin [...] verfasste, die unwahre und persönlichkeitsrechtsverletzende Äußerungen beinhalteten, und überdies eine unzulässige und unbegründete [...]klage gegen die Beklagte und Widerklägerin erhoben, gegen die sie sich mit enormem zeitlichen, finanziellen und mentalen Aufwand und unter erheblicher Beeinträchtigung ihrer seelischen Gesundheit verteidigen musste und noch muss. Die Widerbeklagte hat durch ihr vorsätzliches, jedenfalls aber grob fahrlässiges Handeln ebenfalls dafür einzustehen, dass das Amtsgericht [...] durch Richter [...] ein eklatantes Fehlurteil erließ, mit dem er eine seit über einhundert Jahren bestehende höchstrichterliche Rechtsprechung zur Beschränkung der Vertretungsmacht bei öffentlichrechtlichen Körperschaften willkürlich überging. Dasselbe gilt für den Hinweisbeschluss des Landgerichts Berlin II vom [...], der von dem gleichen Rechtsirrtum gekennzeichnet ist. Die Ansprüche der Beklagten und Widerklägerin auf Schadensersatz bestehen wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung nach § 826 BG, jedenfalls aber nach § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung ihres Besitzrechts, ihrer seelischen Gesundheit und ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts, daneben auch nach § 823 Abs. 2 i. V. m. § 858 BGB wegen Besitzstörung und nach § 311 Abs. 3 i. V. m. § 241 Abs. 2 BGB wegen Verletzung der die Widerbeklagte als Repräsentantin der [...] treffenden Schutz- und Rücksichtnahmepflichten gegenüber der Beklagten und Widerklägerin.
Vorsätzlich sittenwidrige Schädigung durch die Widerbeklagte, § 826 BGB
Die der Beklagten und Widerklägerin durch den vorliegenden Rechtsstreit entstandenen Vermögensschäden, insbesondere die zusätzlichen Rechtsverfolgungskosten (Vergütung für [...] Rechtsanwälte) für den vorliegenden Schriftsatz und das zeitgleich angebrachte Ablehnungsgesuch, sind Folge eines gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens der Widerbeklagten, bei dem sie den zuständigen und primär vertretungsbefugten [...]rat umging und somit ohne Vertretungsmacht für diesen oder [...] die Kanzlei [...] Rechtsanwälte veranlasste, die Beklagte und Widerklägerin mit einer [...]klage zu überziehen.
Die Widerbeklagte handelte im Hinblick auf ihre fehlende Vertretungsmacht zumindest bedingt vorsätzlich (was genügt), eher aber wissentlich. Ihr war bei Zeichnung der Vollmacht bekannt, dass deren Erteilung nicht durch einen formell und materiell rechtmäßigen Beschluss des [...]rates gedeckt war. Ihr war und ist auch bekannt, dass Willenserklärungen und Vollmachten, die namens des [...]rates oder der [...] abgegeben bzw. erteilt werden, der Aufbringung des Siegels sowie eines vorherigen Beschlusses des [...]rates bedürfen.
Angesichts dieser Rechtslage und Rechtspraxis und der zum Zeitpunkt der Ausstellung der Vollmacht bestehenden Kenntnislage in der Person der Widerbeklagten verstößt es in grober Weise gegen die guten Sitten, dass die Widerbeklagte „auf eigene Faust“, unter Überschreitung ihrer Vertretungsmacht und ohne den rechtlich erforderlichen Beschluss des [...]rats eine aggressiv auftretende [...]Kanzlei damit beauftragt, [...].
Gegen die guten Sitten verstößt das Verhalten der Widerbeklagten vorliegend erst recht deshalb, weil es sich bei ihr um eine Geistliche im Dienst der evangelischen Kirche handelt, die sich dem christlichen Bekenntnis zur Nächstenliebe verschrieben hat. So, wie die Widerbeklagte, geht man mit seinen Mitmenschen nicht um – erst recht nicht als Christin.
Es stellt bereits eine krasse Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Beklagten dar, dass sie – veranlasst durch das jedenfalls grob fahrlässige Verhalten der Wiederbeklagten – unter Vorspiegeln der ganzen Macht der evangelischen Kirche mit einer die [...] bedrohenden, zugleich unzulässigen und unbegründeten [...]klage überzogen wird, deren Abwehr die ganze Person der Beklagten – Körper, Geist und Seele – in Anspruch nimmt.
Die Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Beklagten wird vorliegend dadurch verschärft, dass die Äußerungen von [...] Rechtsanwälte in den [...]schreiben und den nachfolgend im Rechtsstreit vorgelegten Schriftsätze zahlreiche verzerrende und wahrheitswidrige Darstellungen mit Bezug auf die Beklagte und Widerklägerin enthalten.
Keine Entlastung der Widerbeklagten wegen Mitverschuldens der Richter
Dass die Verletzung der genannten Rechtsgüter der Beklagten ([...]) deutlich geringfügiger ausgefallen wäre, wenn die über die [...]klage erst- und zweitinstanzlich entscheidenden Richter ihrer Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) entsprochen hätten, weil dann die Klage schon erstinstanzlich abgewiesen worden wäre, jedenfalls aber der diese Stellungnahme und die Widerklage veranlassende Hinweisbeschluss der Kammer unterblieben wäre, entlastet die Widerbeklagte nicht von ihrer Schadensersatzpflicht. Aufgrund der Ausstellung einer wirkungslosen Vollmacht unter jedenfalls grob fahrlässiger Verkennung der Voraussetzungen, die die Grundordnung der EKBO hierfür ausstellt (u. a. Aufbringung des Siegels, Beschluss des [...]rats), und der Erteilung eines Klageauftrages an [...] Rechtsanwälte, sind ihr die durch den Rechtsstreit hinzutretenden Gefahrenquellen, insbesondere die Gefahr richterlicher Fehlentscheidungen, zuzurechnen.
Keine Berufung auf rechtfertigende Wirkung eines Rechtsstreits
Die Widerbeklagte kann sich gegen den Vorwurf der unberechtigten Forderungsberühmung nicht auf die rechtfertigende Wirkung eines nach rechtsstaatlichen Verfahrensregeln durchgeführten Rechtsstreits berufen. Für die Schadensersatzpflicht nach § 826 BGB aufgrund vorsätzlich sittenwidriger Schädigung besteht diese Möglichkeit von vornherein nicht. Aber auch im Hinblick auf die deliktische Haftung nach § 823 Abs. 1 und Abs 2. i. V.m. § 858 Abs. 1 BGB sowie die quasivertragliche Repräsentantenhaftung nach §§ 311 Abs. 3, 241 Abs. 2 BGB greift diese Verteidigung nicht. Der Einwand scheitert vorliegend schon daran, dass der vorliegende Rechtsstreit nicht ordnungsgemäß geführt wird, da er keinen Kläger aufweist.
Die Widerbeklagte hat vielmehr durch die (jedenfalls) grob fahrlässig unter Überschreitung ihrer Vertretungsmacht ausgestellte Vollmacht die Kanzlei [...] Rechtsanwälte veranlasst, eine unzulässige und unbegründete [...]klage gegen die Beklagten zu erheben. Hierin liegt – wie im angeführten BGH-Fall – eine [...] und überdies ein Eingriff in [...]. Die mit den [...]schreiben und den Schriftsätzen von [...] Rechtsanwälte verbundenen Verletzungen der seelischen Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts der Beklagten sind von ihr nicht deshalb entschädigungslos hinzunehmen, weil der Angriff auf die Klägerin sich in den äußeren Formen eines – fehlgeleiteten und missbräuchlich eingesetzten – gerichtlichen Verfahrens abspielt.
Hinweis: Die Widerklage wurde auf eine weitere, dem Prozess sodann beiwohnende Partei erweitert (Drittwiderklage) und begründet. Die vollmachtlosen Vertreter kündigten an, die Zustimmung zur Widerklage und Drittwiderklage zu verweigern, was rechtsmissbräuchlich gewesen wäre. Die Kammer erachtete die Widerklage und Drittwiderklage zwar als zulässig, wies diese jedoch als unbegründet ab. Die Revision wurde zugelassen und seitens der Widerklägerin in Anspruch genommen. Die erhobene Ausgangsklage wies das Landgericht Berlin II durch unechtes kontradiktorisches Versäumnisurteil als unzulässig ab. In ihrem Urteil führte die Kammer u.a. aus:
Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
Die (Dritt-)Widerklage wird abgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am [...] hat die für die Klägerin/Widerbeklagte zu 2) sowie für die Drittwiderbeklagte/Widerbeklagte zu 1) erschienene Rechtsanwältin keine Anträge gestellt.
Mangels wirksamer Klageerhebung durch die [...] ist sie lediglich als vermeintliche Klägerin oder „Schein-Klägerin“ anzusehen. Sie wird im Rubrum gleichwohl weiterhin als Klägerin und Widerbeklagte zu 2) geführt.
Die Klage ist unzulässig. Sie ist - mangels Prozessrechtsverhältnisses zwischen den Parteien [...] - ungeachtet der Säumnissituation durch kontradiktorisches unechtes Versäumnisurteil als unzulässig abzuweisen (vgl. zum unechten Versäumnisurteil Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, § 330 Versäumnisurteil gegen den Kläger, Rn. 7).
Es fehlt an einem Prozessrechtsverhältnis. Die Klägerin hat nicht wirksam Klage erhoben. Die Klägerin ist in dem Rechtsstreit nicht wirksam vertreten. Es fehlt - trotz Hinweises, Auflage und nachgereichter Prozessvollmacht vom [...] - an einer wirksamen Prozessvollmacht.
Vorliegend fehlt es unstreitig an einer entsprechenden Beschlussfassung des [...]rats. Ein solcher Beschluss des [...]rats war aber nicht entbehrlich.
Sofern die Klägerin mit Schriftsatz vom [...] vorträgt, dass die Drittwiderbeklagte/Widerbeklagte zu 1) gemäß [...] zur alleinigen Vertretung der Klägerin ermächtigt sei, weshalb sie die Prozessbevollmächtigten wirksam habe bevollmächtigen können, kann dem nicht gefolgt werden. Wie sich aus Art. [...] ergibt, leitet die Drittwiderbeklagte ihre Vertretungsmacht vielmehr vom [...]rat ab, der wiederum organschaftlich für die Klägerin handelt (vgl. dazu auch LG Nürnberg-Fürth Urt. v. 12.11.2008 – 7 O 7937/07, BeckRS 2008, 25050, beck-online).
Die Drittwiderklage und die Widerklage sind zulässig.
Für eine Drittwiderklage im Berufungsverfahren bedarf es der Zustimmung des Drittwiderbeklagten, es sei denn, er verweigert sie rechtsmissbräuchlich (vgl. Musielak/Voit/Heinrich, 19. Aufl. 2022, ZPO § 33 Rn. 28). Vorliegend hat die Drittwiderbeklagte/Widerbeklagte zu 1) zwar angekündigt, die Zustimmung zu verweigern, doch wäre die Verweigerung als rechtsmissbräuchlich anzusehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH wird ein solcher Missbrauch im Allgemeinen dann zu bejahen sein, wenn ein schutzwürdiges Interesse des neuen Beklagten an der Weigerung nicht anzuerkennen und ihm nach der ganzen Sachlage zuzumuten ist, in den Rechtsstreit einzutreten, obgleich dieser bereits in der Berufungsinstanz schwebt. Es kommt mithin nicht nur darauf an, ob die Parteiänderung objektiv sachdienlich ist, sondern es ist entscheidend darauf abzustellen, ob die Belange des neuen Beklagten dadurch beeinträchtigt werden, dass er erst in der Berufungsinstanz in einen Rechtsstreit hineingezogen wird, an dem er bisher nicht beteiligt gewesen ist. Dabei sind alle Umstände des Falls zu berücksichtigen und insbesondere in Betracht zu ziehen, dass der erst in der Berufungsinstanz eintretende Beklagte eine Tatsacheninstanz verliert (vgl. BGH, NJW-RR 1990, 1265, 1267, beck-online). Hier ist die Drittwiderbeklagte, die als geschäftsführende [...] für die Klägerin tätig ist, als Vertreterin der Klägerin aufgetreten und hat die Prozessbevollmächtigten der vermeintlichen Klägerin mit der Klageerhebung beauftragt. Die Drittwiderbeklagte ist mithin nicht als von der Klägerin unabhängige Dritte anzusehen, sondern hatte von Beginn an Kenntnis von dem Rechtsstreit [...]. Dass die Belange der Drittwiderbeklagten dadurch beeinträchtigt würden, dass sie erst in der Berufungsinstanz in einen Rechtsstreit hineingezogen wird, an dem sie bisher nicht beteiligt gewesen wäre, ist danach nicht anzunehmen.
Weiter ist die Widerklage gegen die Klägerin zulässig.
Hinsichtlich der Widerklage gegen die Klägerin/Widerbeklagte zu 2) liegt ein Prozessrechtsverhältnis vor. Insofern ist davon auszugehen, dass die Drittwiderbeklagte/Widerbeklagte zu 1) - welche vorliegend wirksam durch ihre Prozessbevollmächtigten vertreten ist - gegenüber der Klägerin/Widerbeklagten zu 2) als geschäftsführende [...] empfangsbevollmächtigt ist. Zwar fehlt es auch hinsichtlich der Klägerin an der Zustimmung zur Widerklage im Sinne von § 533 Nr. 1 Alt. 1 ZPO. Doch ist die Widerklage sachdienlich im Sinne des § 533 Nr. 1 Alt. 2 ZPO. Die Zulassung der Widerklage führt zu einer sachgemäßen und endgültigen Erledigung des Streitstoffs im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits. Einem andernfalls zu erwartenden weiteren Prozess wird vorgebeugt (vgl. Musielak/Voit/Ball, 19. Aufl. 2022, ZPO § 533 Rn. 20). Auch sind die Voraussetzungen nach § 533 Nr. 2 ZPO als gegeben anzusehen, da die Widerklage auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zu Grunde zu legen hat. Der Tatsachenstoff ist nicht nach §§ 529, 531 ZPO ausgeschlossen.
[...]
Dabei sind die Kosten im Zusammenhang mit der unzulässigen Klage den Prozessbevollmächtigten der Klägerin/Widerbeklagten zu 2) als vollmachtlose Vertreter aufzuerlegen (vgl. NK-GK/Joachim Volpert/Peter Fölsch/Jürgen Köpf, 3. Aufl. 2021, GKG § 22 Rn. 24).
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Das Landgericht Berlin II war der Auffassung: Die Drittwiderklage und die Widerklage sind jedoch unbegründet. Es fehlt an einer Haftung dem Grunde nach.
Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 1, 2 ZPO zuzulassen, da die Frage der wirksamen Vollmachtserteilung durch eine [Körperschaft des Öffentlichen Rechts] und die Frage der Schadensersatzhaftung bei Ausspruch einer mangels formell ordnungsgemäßer Vollmacht unwirksamen [...] grundsätzliche Bedeutung haben.
Die Begründung der Revision erfolgte mit 18-seitigem Schriftsatz vom 8. Mai 2023.
Das Urteil hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand, soweit das Berufungsgericht die Drittwiderklage und Widerklage abgewiesen hat. Gerügt wird eine Verletzung der §§ 31, 89 Abs. 1, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1, 535, 823 Abs. 1, 826 BGB sowie des § 286 Abs. 1 ZPO.
Entscheidungen stehen aus.
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Die Widerklage ist zulässig. Durch das Rechtsinstitut der Widerklage soll die Vervielfältigung und Zersplitterung von Prozessen vermieden werden. Zusammengehörende Ansprüche sollen einheitlich verhandelt und entschieden werden können. Dieses Ziel kann mit der isolierten Widerklage gegen einen bisher am Rechtsstreit nicht Beteiligten jedenfalls dann erreicht werden, wenn die Dinge tatsächlich und rechtlich eng miteinander verknüpft sind und keine schutzwürdigen Interessen des Widerbeklagten verletzt werden (BGH, Urteil vom 13. März 2007 - VI ZR 129/06, NJW 2007, 1753 Rn. 10; Beschluss vom 7. Februar 2013 - IX ZR 186/11, IPRspr 2013, Nr. 177, 385, 386 f). Entscheidend sind also die enge Verknüpfung des Gegenstands der Klage mit dem Gegenstand der Widerklage und die fehlende Beeinträchtigung schützenswerter Interessen des Widerbeklagten (BGH, Urteil vom 13. März 2007, aaO Rn. 13; Beschluss vom 7. Februar 2013, aaO; Urteil vom 7. November 2013 - VII ZR 105/13, NJW 2014, 1670 Rn. 16). Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben, da sich der Rechtsstreit schon bislang mit der Frage befasst, ob [...] mit oder ohne Vertretungsmacht für [...] handelte und welche Folgen dies für die Zulässigkeit und Begründetheit der Klage hat. Mit der Widerklage werden lediglich weitere Rechtsfolgen zur Geltung gebracht, die das Überschreiten der Vertretungsmacht durch [...] hat. Zusätzlicher Prozessstoff wird – mit Ausnahme des geltend gemachten Schadens durch die über RVG hinausgehende Rechtsanwaltsvergütung – nicht eingeführt. Dass diese neuen Tatsachen erst jetzt in der Berufungsinstanz vorgetragen werden, beruht aber nicht auf Nachlässigkeit der Beklagten, da diese Tatsachen erst nach dem Hinweisbeschluss der Kammer entstanden sind.
II. Begründetheit der Widerklage
Die Beklagte und Widerklägerin hat gegen die Widerbeklagte Ansprüche auf Schadensersatz, weil sie vorsätzlich, jedenfalls aber grob fahrlässig bei Ausstellung der Vollmacht ihre Vertretungsmacht überschritt. Sie hat deshalb rechtlich dafür einzustehen, dass [...] Rechtsanwälte als vollmachtlose Vertreterin [...] verfasste, die unwahre und persönlichkeitsrechtsverletzende Äußerungen beinhalteten, und überdies eine unzulässige und unbegründete [...]klage gegen die Beklagte und Widerklägerin erhoben, gegen die sie sich mit enormem zeitlichen, finanziellen und mentalen Aufwand und unter erheblicher Beeinträchtigung ihrer seelischen Gesundheit verteidigen musste und noch muss. Die Widerbeklagte hat durch ihr vorsätzliches, jedenfalls aber grob fahrlässiges Handeln ebenfalls dafür einzustehen, dass das Amtsgericht [...] durch Richter [...] ein eklatantes Fehlurteil erließ, mit dem er eine seit über einhundert Jahren bestehende höchstrichterliche Rechtsprechung zur Beschränkung der Vertretungsmacht bei öffentlichrechtlichen Körperschaften willkürlich überging. Dasselbe gilt für den Hinweisbeschluss des Landgerichts Berlin II vom [...], der von dem gleichen Rechtsirrtum gekennzeichnet ist. Die Ansprüche der Beklagten und Widerklägerin auf Schadensersatz bestehen wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung nach § 826 BG, jedenfalls aber nach § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung ihres Besitzrechts, ihrer seelischen Gesundheit und ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts, daneben auch nach § 823 Abs. 2 i. V. m. § 858 BGB wegen Besitzstörung und nach § 311 Abs. 3 i. V. m. § 241 Abs. 2 BGB wegen Verletzung der die Widerbeklagte als Repräsentantin der [...] treffenden Schutz- und Rücksichtnahmepflichten gegenüber der Beklagten und Widerklägerin.
Vorsätzlich sittenwidrige Schädigung durch die Widerbeklagte, § 826 BGB
Die der Beklagten und Widerklägerin durch den vorliegenden Rechtsstreit entstandenen Vermögensschäden, insbesondere die zusätzlichen Rechtsverfolgungskosten (Vergütung für [...] Rechtsanwälte) für den vorliegenden Schriftsatz und das zeitgleich angebrachte Ablehnungsgesuch, sind Folge eines gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens der Widerbeklagten, bei dem sie den zuständigen und primär vertretungsbefugten [...]rat umging und somit ohne Vertretungsmacht für diesen oder [...] die Kanzlei [...] Rechtsanwälte veranlasste, die Beklagte und Widerklägerin mit einer [...]klage zu überziehen.
Die Widerbeklagte handelte im Hinblick auf ihre fehlende Vertretungsmacht zumindest bedingt vorsätzlich (was genügt), eher aber wissentlich. Ihr war bei Zeichnung der Vollmacht bekannt, dass deren Erteilung nicht durch einen formell und materiell rechtmäßigen Beschluss des [...]rates gedeckt war. Ihr war und ist auch bekannt, dass Willenserklärungen und Vollmachten, die namens des [...]rates oder der [...] abgegeben bzw. erteilt werden, der Aufbringung des Siegels sowie eines vorherigen Beschlusses des [...]rates bedürfen.
Angesichts dieser Rechtslage und Rechtspraxis und der zum Zeitpunkt der Ausstellung der Vollmacht bestehenden Kenntnislage in der Person der Widerbeklagten verstößt es in grober Weise gegen die guten Sitten, dass die Widerbeklagte „auf eigene Faust“, unter Überschreitung ihrer Vertretungsmacht und ohne den rechtlich erforderlichen Beschluss des [...]rats eine aggressiv auftretende [...]Kanzlei damit beauftragt, [...].
Gegen die guten Sitten verstößt das Verhalten der Widerbeklagten vorliegend erst recht deshalb, weil es sich bei ihr um eine Geistliche im Dienst der evangelischen Kirche handelt, die sich dem christlichen Bekenntnis zur Nächstenliebe verschrieben hat. So, wie die Widerbeklagte, geht man mit seinen Mitmenschen nicht um – erst recht nicht als Christin.
Es stellt bereits eine krasse Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Beklagten dar, dass sie – veranlasst durch das jedenfalls grob fahrlässige Verhalten der Wiederbeklagten – unter Vorspiegeln der ganzen Macht der evangelischen Kirche mit einer die [...] bedrohenden, zugleich unzulässigen und unbegründeten [...]klage überzogen wird, deren Abwehr die ganze Person der Beklagten – Körper, Geist und Seele – in Anspruch nimmt.
Die Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Beklagten wird vorliegend dadurch verschärft, dass die Äußerungen von [...] Rechtsanwälte in den [...]schreiben und den nachfolgend im Rechtsstreit vorgelegten Schriftsätze zahlreiche verzerrende und wahrheitswidrige Darstellungen mit Bezug auf die Beklagte und Widerklägerin enthalten.
Keine Entlastung der Widerbeklagten wegen Mitverschuldens der Richter
Dass die Verletzung der genannten Rechtsgüter der Beklagten ([...]) deutlich geringfügiger ausgefallen wäre, wenn die über die [...]klage erst- und zweitinstanzlich entscheidenden Richter ihrer Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) entsprochen hätten, weil dann die Klage schon erstinstanzlich abgewiesen worden wäre, jedenfalls aber der diese Stellungnahme und die Widerklage veranlassende Hinweisbeschluss der Kammer unterblieben wäre, entlastet die Widerbeklagte nicht von ihrer Schadensersatzpflicht. Aufgrund der Ausstellung einer wirkungslosen Vollmacht unter jedenfalls grob fahrlässiger Verkennung der Voraussetzungen, die die Grundordnung der EKBO hierfür ausstellt (u. a. Aufbringung des Siegels, Beschluss des [...]rats), und der Erteilung eines Klageauftrages an [...] Rechtsanwälte, sind ihr die durch den Rechtsstreit hinzutretenden Gefahrenquellen, insbesondere die Gefahr richterlicher Fehlentscheidungen, zuzurechnen.
Keine Berufung auf rechtfertigende Wirkung eines Rechtsstreits
Die Widerbeklagte kann sich gegen den Vorwurf der unberechtigten Forderungsberühmung nicht auf die rechtfertigende Wirkung eines nach rechtsstaatlichen Verfahrensregeln durchgeführten Rechtsstreits berufen. Für die Schadensersatzpflicht nach § 826 BGB aufgrund vorsätzlich sittenwidriger Schädigung besteht diese Möglichkeit von vornherein nicht. Aber auch im Hinblick auf die deliktische Haftung nach § 823 Abs. 1 und Abs 2. i. V.m. § 858 Abs. 1 BGB sowie die quasivertragliche Repräsentantenhaftung nach §§ 311 Abs. 3, 241 Abs. 2 BGB greift diese Verteidigung nicht. Der Einwand scheitert vorliegend schon daran, dass der vorliegende Rechtsstreit nicht ordnungsgemäß geführt wird, da er keinen Kläger aufweist.
Die Widerbeklagte hat vielmehr durch die (jedenfalls) grob fahrlässig unter Überschreitung ihrer Vertretungsmacht ausgestellte Vollmacht die Kanzlei [...] Rechtsanwälte veranlasst, eine unzulässige und unbegründete [...]klage gegen die Beklagten zu erheben. Hierin liegt – wie im angeführten BGH-Fall – eine [...] und überdies ein Eingriff in [...]. Die mit den [...]schreiben und den Schriftsätzen von [...] Rechtsanwälte verbundenen Verletzungen der seelischen Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts der Beklagten sind von ihr nicht deshalb entschädigungslos hinzunehmen, weil der Angriff auf die Klägerin sich in den äußeren Formen eines – fehlgeleiteten und missbräuchlich eingesetzten – gerichtlichen Verfahrens abspielt.
Hinweis: Die Widerklage wurde auf eine weitere, dem Prozess sodann beiwohnende Partei erweitert (Drittwiderklage) und begründet. Die vollmachtlosen Vertreter kündigten an, die Zustimmung zur Widerklage und Drittwiderklage zu verweigern, was rechtsmissbräuchlich gewesen wäre. Die Kammer erachtete die Widerklage und Drittwiderklage zwar als zulässig, wies diese jedoch als unbegründet ab. Die Revision wurde zugelassen und seitens der Widerklägerin in Anspruch genommen. Die erhobene Ausgangsklage wies das Landgericht Berlin II durch unechtes kontradiktorisches Versäumnisurteil als unzulässig ab. In ihrem Urteil führte die Kammer u.a. aus:
Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
Die (Dritt-)Widerklage wird abgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am [...] hat die für die Klägerin/Widerbeklagte zu 2) sowie für die Drittwiderbeklagte/Widerbeklagte zu 1) erschienene Rechtsanwältin keine Anträge gestellt.
Mangels wirksamer Klageerhebung durch die [...] ist sie lediglich als vermeintliche Klägerin oder „Schein-Klägerin“ anzusehen. Sie wird im Rubrum gleichwohl weiterhin als Klägerin und Widerbeklagte zu 2) geführt.
Die Klage ist unzulässig. Sie ist - mangels Prozessrechtsverhältnisses zwischen den Parteien [...] - ungeachtet der Säumnissituation durch kontradiktorisches unechtes Versäumnisurteil als unzulässig abzuweisen (vgl. zum unechten Versäumnisurteil Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, § 330 Versäumnisurteil gegen den Kläger, Rn. 7).
Es fehlt an einem Prozessrechtsverhältnis. Die Klägerin hat nicht wirksam Klage erhoben. Die Klägerin ist in dem Rechtsstreit nicht wirksam vertreten. Es fehlt - trotz Hinweises, Auflage und nachgereichter Prozessvollmacht vom [...] - an einer wirksamen Prozessvollmacht.
Vorliegend fehlt es unstreitig an einer entsprechenden Beschlussfassung des [...]rats. Ein solcher Beschluss des [...]rats war aber nicht entbehrlich.
Sofern die Klägerin mit Schriftsatz vom [...] vorträgt, dass die Drittwiderbeklagte/Widerbeklagte zu 1) gemäß [...] zur alleinigen Vertretung der Klägerin ermächtigt sei, weshalb sie die Prozessbevollmächtigten wirksam habe bevollmächtigen können, kann dem nicht gefolgt werden. Wie sich aus Art. [...] ergibt, leitet die Drittwiderbeklagte ihre Vertretungsmacht vielmehr vom [...]rat ab, der wiederum organschaftlich für die Klägerin handelt (vgl. dazu auch LG Nürnberg-Fürth Urt. v. 12.11.2008 – 7 O 7937/07, BeckRS 2008, 25050, beck-online).
Die Drittwiderklage und die Widerklage sind zulässig.
Für eine Drittwiderklage im Berufungsverfahren bedarf es der Zustimmung des Drittwiderbeklagten, es sei denn, er verweigert sie rechtsmissbräuchlich (vgl. Musielak/Voit/Heinrich, 19. Aufl. 2022, ZPO § 33 Rn. 28). Vorliegend hat die Drittwiderbeklagte/Widerbeklagte zu 1) zwar angekündigt, die Zustimmung zu verweigern, doch wäre die Verweigerung als rechtsmissbräuchlich anzusehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH wird ein solcher Missbrauch im Allgemeinen dann zu bejahen sein, wenn ein schutzwürdiges Interesse des neuen Beklagten an der Weigerung nicht anzuerkennen und ihm nach der ganzen Sachlage zuzumuten ist, in den Rechtsstreit einzutreten, obgleich dieser bereits in der Berufungsinstanz schwebt. Es kommt mithin nicht nur darauf an, ob die Parteiänderung objektiv sachdienlich ist, sondern es ist entscheidend darauf abzustellen, ob die Belange des neuen Beklagten dadurch beeinträchtigt werden, dass er erst in der Berufungsinstanz in einen Rechtsstreit hineingezogen wird, an dem er bisher nicht beteiligt gewesen ist. Dabei sind alle Umstände des Falls zu berücksichtigen und insbesondere in Betracht zu ziehen, dass der erst in der Berufungsinstanz eintretende Beklagte eine Tatsacheninstanz verliert (vgl. BGH, NJW-RR 1990, 1265, 1267, beck-online). Hier ist die Drittwiderbeklagte, die als geschäftsführende [...] für die Klägerin tätig ist, als Vertreterin der Klägerin aufgetreten und hat die Prozessbevollmächtigten der vermeintlichen Klägerin mit der Klageerhebung beauftragt. Die Drittwiderbeklagte ist mithin nicht als von der Klägerin unabhängige Dritte anzusehen, sondern hatte von Beginn an Kenntnis von dem Rechtsstreit [...]. Dass die Belange der Drittwiderbeklagten dadurch beeinträchtigt würden, dass sie erst in der Berufungsinstanz in einen Rechtsstreit hineingezogen wird, an dem sie bisher nicht beteiligt gewesen wäre, ist danach nicht anzunehmen.
Weiter ist die Widerklage gegen die Klägerin zulässig.
Hinsichtlich der Widerklage gegen die Klägerin/Widerbeklagte zu 2) liegt ein Prozessrechtsverhältnis vor. Insofern ist davon auszugehen, dass die Drittwiderbeklagte/Widerbeklagte zu 1) - welche vorliegend wirksam durch ihre Prozessbevollmächtigten vertreten ist - gegenüber der Klägerin/Widerbeklagten zu 2) als geschäftsführende [...] empfangsbevollmächtigt ist. Zwar fehlt es auch hinsichtlich der Klägerin an der Zustimmung zur Widerklage im Sinne von § 533 Nr. 1 Alt. 1 ZPO. Doch ist die Widerklage sachdienlich im Sinne des § 533 Nr. 1 Alt. 2 ZPO. Die Zulassung der Widerklage führt zu einer sachgemäßen und endgültigen Erledigung des Streitstoffs im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits. Einem andernfalls zu erwartenden weiteren Prozess wird vorgebeugt (vgl. Musielak/Voit/Ball, 19. Aufl. 2022, ZPO § 533 Rn. 20). Auch sind die Voraussetzungen nach § 533 Nr. 2 ZPO als gegeben anzusehen, da die Widerklage auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zu Grunde zu legen hat. Der Tatsachenstoff ist nicht nach §§ 529, 531 ZPO ausgeschlossen.
[...]
Dabei sind die Kosten im Zusammenhang mit der unzulässigen Klage den Prozessbevollmächtigten der Klägerin/Widerbeklagten zu 2) als vollmachtlose Vertreter aufzuerlegen (vgl. NK-GK/Joachim Volpert/Peter Fölsch/Jürgen Köpf, 3. Aufl. 2021, GKG § 22 Rn. 24).

Das Landgericht Berlin II war der Auffassung: Die Drittwiderklage und die Widerklage sind jedoch unbegründet. Es fehlt an einer Haftung dem Grunde nach.
Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 1, 2 ZPO zuzulassen, da die Frage der wirksamen Vollmachtserteilung durch eine [Körperschaft des Öffentlichen Rechts] und die Frage der Schadensersatzhaftung bei Ausspruch einer mangels formell ordnungsgemäßer Vollmacht unwirksamen [...] grundsätzliche Bedeutung haben.
Die Begründung der Revision erfolgte mit 18-seitigem Schriftsatz vom 8. Mai 2023.
Das Urteil hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand, soweit das Berufungsgericht die Drittwiderklage und Widerklage abgewiesen hat. Gerügt wird eine Verletzung der §§ 31, 89 Abs. 1, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1, 535, 823 Abs. 1, 826 BGB sowie des § 286 Abs. 1 ZPO.
Entscheidungen stehen aus.

Berlin, am 25.09.2025 © Buckminster NEUE ZEIT
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