Urteilsbegründung in der Zahlungsklage von Medienrechtsanwältin Patricia Cronemeyer (Cronemeyer Haisch Rechtsanwältinnen)



Landgericht Berlin II

Az.:    2 O 332/24



Klageanlass aus Sicht der Kläger: Vertragsstrafenzahlung, fiktive Lizenzgebühren und Rechtsverfolgungskosten aus Persönlichkeits- und Urheberrechtsverletzungen


Die Medienrechtsanwältin Dr. Patricia Cronemeyer und ihr angestellter Rechtsanwalt Alexander Lorf wollten aus verschiedenen Rechtsstreitigkeiten Zahlungen in Höhe von 10.573,01 EUR für sich beanspruchen. Diese Ansprüche leiteten sie aus angeblichen Vertragsverletzungen ab, die allein eine Zahlung von 6.000 EUR an Patricia Cronemeyer rechtfertigen sollten. Die Zivilkammer 2 des Landgerichts Berlin II, vertreten durch den Vorsitzenden Richter Dr. Hagemeister, wies bereits diesen Anspruch in Höhe von 5.500 EUR zurück.

Alexander Lorf stützte seine Forderung auf übersehene, versehentlich mitveröffentlichte Unterschriften in drei Schriftsätzen. Statt wie üblich einen Gesamtstreitwert von (z.B.) 10.000 EUR anzusetzen, wollte Alexander Lorf jeden Schriftsatz einzeln gewertet sehen – also 3 x 10.000 EUR – um so Zahlungsansprüche aus Abmahnung und Rechtsverfolgung in Höhe von 1.501,19 EUR zu konstruieren. Das Gericht machte deutlich, dass eine Addition der Gegenstandswerte nicht erfolgen würde, und empfahl eine Teilrücknahme, die die Kläger ablehnten.

Für die Zahlungsklage setzte das Gericht insgesamt einen Gegenstandswert von bis zu 13.000 EUR an.

Heute veröffentlichen wir das Urteil von Dr. Hagemeister, zitieren daraus und stellen auch die von Hannah Büchsenmann verfasste Klageschrift bereit.

Tatbestand:

Die Klägerin ist Rechtsanwältin und Partnerin der Kanzlei Cronemeyer Haisch Partnerschaft von Rechtsanwältinnen mbB. Der Kläger ist angestellter Rechtsanwalt der Kanzlei der Klägerin. Die Beklagte ist die Betreiberin der Webseiten https://schwurbelmeyer-haschisch.de/ und https://[...].de/, auf denen sie sich über die Kläger und deren Kanzlei äußert.

Auf ihrer Webseite https://schwurbelmeyer-haschisch.de/ veröffentlichte die Beklagte anwaltliche Schreiben mit erkennbarer Unterschrift des Klägers, wobei für die Einzelheiten verwiesen wird auf die Anlage K 17. Nach Abmahnung gab die Beklagte gegenüber dem Kläger eine strafbewehr­te Unterlassungsverpflichtungserklärung hinsichtlich der Unterschriftenveröffentlichung ab (Anla­ge K 19). Die Unterlassungsverpflichtungserklärung wurde mit Schreiben vom 12. März 2024 durch den Kläger angenommen unter vergeblicher Aufforderung der Beklagten zur Zahlung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von EUR 1.501,19 bis zum 22.3.2024.

Die Beklagte gab mit Schreiben vom 19. März 2024 eine weitere strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung hinsichtlich eines Bildnisses der Klägerin ab, wobei für die Einzelheiten Bezug genommen wird auf die Anlage K 13. Mit Schreiben vom 16. April 2024 nahm die Klägerin die Unterlassungsverpflichtungserklärung der Beklagten an und verlangte zudem vergeblich die Zah­lung von Rechtsverfolgungskosten in Höhe von EUR 973,66 bis zum 24.4.2024.

Die Beklagte gab mit Schreiben vom 3. Juni 2024 eine strafbewehrte Unterlassungsverpflich­tungserklärung gegenüber der Klägerin wegen einer Veröffentlichung von deren Bildnis ab, für de­ren Einzelheiten Bezug genommen wird auf die Anlage K 3. An dem Bildnis hatte die Klägerin das ausschließliche Nutzungsrecht (Anlage K 1) erworben. Die Klägerin nahm die Unterlassungsverpflichtungserklärung mit Schreiben vom 11. Juni 2024 an (Anlage K 4). Die Beklagte veröffentlich­te jeweils auf den Webseiten unter https://[...].de/Neue-Niederlage-Cronemey­er-Haisch und https://[...].de/LG-Beschluss-Cronemeyer-2024 ein Bildnis der Klä­gerin, wobei für die Einzelheiten Bezug genommen wird auf die Anlagen K 5 und K 6. Jedenfalls am 13.6.2024 befanden sich die Bilder auf den Internetseiten der Beklagten. Mit Schreiben vom 14. Juni 2024 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von EUR 3.000,- je Verstoß auf. Die Klägerin erwirkte vor dem Landgericht Hamburg unter dem Az. 310 0 182/24 am 12. Juli 2024 eine einstweilige Verfügung hinsichtlich der Bildnisveröffentlichungen An­lage K 5 und K 6, wobei für die Einzelheiten der einstweiligen Verfügung verwiesen wird auf die Anlage K 9. Mit Schreiben vom 22.7.2024 forderte die Klägerin die Beklagte vergeblich zum Aus­gleich außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 538,95 € bis zum 26.7.2024 auf.

Auf der weiteren Webseite der Beklagten unter https://[...].de/Scheidacker-Cro­nemeyer-Rechtsdebakel veröffentlichte die Beklagte am 7. Juli 2024 eine Fotomontage, die ein Bildnis der Klägerin enthält, wobei für die Einzelheiten der Veröffentlichung Bezug genommen wird auf die Anlage K 15. Mit Abmahnschreiben vom 23. Juli 2024 forderte die Klägerin die Beklag­te vergeblich zur Unterlassung der Abbildung und zur Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr in Höhe von EUR 199, sowie von Rechtsverfolgungskosten in Höhe von EUR 540,50 - ausgehend von einem Gegenstandswert von EUR 4.199,- und einer 1,3 Geschäftsgebühr zzgl. Auslagenpau­schale und MwSt. bis zum 30.6.2024 auf.

Es kam zwischenzeitlich zu mehreren gerichtlichen Entscheidungen bezüglich von der Beklagten veröffentlichter Bildnisse der Klägerin durch andere, insbesondere Hamburger Gerichte.

Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe ein Anspruch auf Vertragsstrafenzahlung von zweimal EUR 3.000,- - insgesamt folglich EUR 6.000,- zu, da es sich um kerngleiche Verstöße gegen den zustande gekommenen Unterlassungsvertrag hinsichtlich ihres Bildnisses handele. Die vorgenommene Bildbearbeitung, aus der sich lediglich unbedeutende Abweichungen ergäben, ändere an der Kerngleichheit der Verstöße nichts. Es handele sich um bewusst und vorsätzlich vorgenom­mene Vertragsverstöße. Das LG Hamburg habe die Unterlassungsverpflichtungserklärung der Beklagten ausdrücklich (auch) auf urheberrechtliche Unterlassungsansprüche der Klägerin bezo­gen. Fest stehe, dass die Beklagte nach dem 11. Juni 2024, also nach Annahme der Unterlassungsverpflichtungserklärung, die Abbildung 2 auf ihren Webseiten veröffentlicht habe. Hinsicht­lich der unerlaubten Veröffentlichung ihres Bildnisses trotz daran bestehender exklusiver Nut­zungsrechte durch sie ergebe sich ein verschuldensunabhängiger Schadensersatzanspruch im Wege der sogenannten Lizenzanalogie, wobei für die Höhe die gängigen Lizenzpraktiken der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM) zu Grunde zu legen seien. Ferner stünden ihr und dem Kläger Ansprüche auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu, wobei für die Berechnungen der Kläger verwiesen wird auf Seite 18ff. der Klageschrift. Diese seien auch nach Urheberrecht gerechtfertigt gewesen. Die Festsetzung der Umsatzsteuer sei nur bei Selbstvertre­tung in einer beruflichen Angelegenheit unrechtmäßig. Der Kläger sei aber nicht selbst gegen die Beklagte vorgegangen, sondern die Kanzlei Cronemeyer Haisch für den Kläger als Mandant.

Die Klägerin beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 1) eine Vertragsstrafe in Höhe von zwei­ mal EUR 3.000,- - insgesamt also EUR 6.000,- - nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent­ punkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Juni 2024 zu bezahlen.


II.  Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 1) eine fiktive Lizenzgebühr


1. in Höhe von EUR 199,- nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basis­ zinssatz seit dem 16. Mai 2024 zu bezahlen;


2. in Höhe von EUR 600,- nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basis­ zinssatz seit dem 6. Juni 2024 zu bezahlen; sowie


3. in Höhe von EUR 199,- nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basis­ zinssatz seit dem 7. Juli 2024 zu bezahlen.


III. Die Beklagte wird verurteilt der Klägerin zu 1) Rechtsverfolgungskosten zu zahlen


1. in Höhe von EUR 540,50 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Ba­siszinssatz seit dem 3. Juni 2024;


2.  in Höhe von EUR 538,95 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Juni 2024;


3. in Höhe von EUR 453,87 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Ba­siszinssatz seit dem 25. April 2024; sowie


4. in Höhe von EUR 540,50 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Ba­siszinssatz seit dem 31. Juli 2024.


IV.  Die Beklagte wird verurteilt dem Kläger zu 2) Rechtsverfolgungskosten zu zahlen in Hö­he von EUR 1.501,19 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins­satz seit dem 23. März 2024.


Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.


Urteil:

In dem Rechtsstreit

1)     Dr. Patricia Cronemeyer, Soester Straße 40, 20099 Hamburg

- Klägerin -

2)      Alexander Lorf, Soester Straße 40, 20099 Hamburg

- Kläger -

Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2:
Rechtsanwälte Cronemeyer Haisch, Soester Straße 40, 20099 Hamburg, Gz.: 124-24

gegen

[...], handelnd unter "Buckminster NEUE ZEIT"

- Beklagte/r -

hat das Landgericht Berlin II - Zivilkammer 2 - durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. Hagemeister als Einzelrichter am 02.07.2025 aufgrund des Sachstands vom 30.05.2025 oh­ne mündliche Verhandlung gemäß § 128 Abs. 3 ZPO für Recht erkannt:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine Vertragsstrafe in Höhe von 500,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Juni 2024 zu bezahlen.

  2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 627,13 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Juni 2024 sowie weitere 453,87 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31. Juli 2024 zu bezahlen.

  3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Rechtsverfolgungskosten zu zahlen in Höhe von 973,66 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. März 2024.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  4. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin hat die Beklagte 18 Prozent zu tragen, von den außergerichtlichen Kosten des Klägers hat die Beklagte 65 Prozent zu tragen. Von den Gerichtskosten haben die Klägerin 71 Prozent, der Kläger 5 Prozent und die Be­klagte 24 Prozent zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten haben die Klägerin 71 Prozent und der Kläger 5 Prozent zu tragen. Im Übrigen haben die Parteien ih­re außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

  5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin aber nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Im Übrigen wird den Par­teien nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des aus dem Urteil voll­ streckbaren Betrages leistet.


Rechtsanwalt Prof. Dr. Johannes Weberling:

„Das Gericht hat die Klage überwiegend abgewiesen. Es hat zwar das Vorliegen eines Verstoßes gegen die von Ihnen eingegangene Unterlassungsverpflichtung bejaht, in Anbetracht Ihrer ersichtlichen Bemühungen zum rechtskonformen Verhalten aber die geforderte Vertragsstrafe auf 500,00 Euro reduziert. Den von der Gegenseite gesehenen zweiten Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung hat das Gericht hingegen vollständig verneint. Daraus folgt, dass von den weiter eingeklagten Rechtsverfolgungskosten ebenfalls nur ein kleiner Teil als begründet angesehen wurde.

Insgesamt hat die Gegenseite (ausweislich der Gerichtskostenquote in Ziff. 4 Satz 2 des Urteilstenors) mit 76% der zutragenden Kosten ihre Klage damit ganz überwiegend verloren.”

Wie das Landgericht Berlin II seine Entscheidung begründet, ist dem hier bereitgestellten Urteil zu entnehmen:


︎ Urteil des Landgerichts Berlin II vom 02.07.2025, Az.: 2 O 332/24

︎ Klageschrift vom 07. August 2024




Berlin, am 03.08.2025 © Buckminster NEUE ZEIT
Tel.: 0302888360
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