Cronemeyer Haisch unterliegt am Landgericht Hamburg
Gerichtliches Aktenzeichen: 324 O 151/24
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Erfolgreiche Verteidigung eines Elekronischen Denkmals
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Beschluss LG Hamburg, 13. Mai 2024, 324 O 151/24
“Bei der Bezeichnung der Antragstellerin als „Schwurbelmeyer Haschisch“ handelt es sich um eine zulässige satirisch überspitzte Meinungsäußerung in Form der offenkundigen Verballhornung des Kanzleinamens der Antragstellerin. [...] Der angesprochene Rezipient erkennt auch unter Berücksichtigung des Kontexts der zugehörigen Webseite, dass es sich bei der streitgegenständlichen Bezeichnung um eine den Kanzleinamen der Antragstellerin betreffende Verfremdung/Verunglimpfung ihres Namens handelt, insbesondere aus dem Namen „Haisch“ in satirischer Verzerrung die Bezeichnung „Haschisch“ gemacht wurde und der Namen „Cronemeyer“ zu „Schwurbelmeyer“ umgedichtet wurde.
Die umstrittene Äußerung enthält damit zwar den Bezug zu „Haschisch“. Dem Rezipienten wird aber deutlich, dass dieser Bezug nur deshalb hergestellt wird, weil der Name „Haisch“ entfernt lautmalerisch an „Haschisch“ erinnert und die Antragsgegnerin dies zum Anlass nimmt, satirisch zu insinuieren – und dies wird auch aus dem Kontext der Webseite deutlich – dass die Arbeit der Antragstellerin so schlecht sei, dass man meinen könne, sie habe bewusstseinsverändernde Drogen eingenommen. Indes entnimmt der Rezipient aus dieser Namensverunglimpfung in ihrem konkreten Kontext nicht gleichzeitig die unwahre Aussage über die Antragstellerin, dass diese bzw. ihre Mitarbeiter ihre Arbeit tatsächlich unter dem Einfluss illegaler Drogen verrichteten, sondern erkennt, dass es sich dabei um nicht ernst gemeinte Überspitzungen und bloße Phantasievorstellungen der Antragsgegnerin in Bezug auf die Verhaltens- und Arbeitsweisen der Antragstellerin handelt, die auf die Verballhornung des Namens zurückgehen und eine kritische Bewertung der Arbeit der Antragstellerin darstellen. Gleiches gilt für die Bezeichnung „Schwurbelmeyer“: Der Leser erkennt, dass dieser Bezeichnung die subjektive Einschätzung der Antragsgegnerin zugrunde liegt, dass die Antragstellerin bzw. die für sie tätigen Anwälte inhaltslos und unzutreffend „herumredeten“.
Die Antragstellerin ist als Anwaltskanzlei im geschäftlichen Verkehr tätig und tritt mit ihren Leistungen an die Öffentlichkeit. Sie hat es insoweit hinzunehmen, dass sich Dritte, insbesondere solche, die – wie die Antragsgegnerin – mit ihrem anwaltlichen Gebaren tatsächlich zuvor in Berührung gekommen sind, sich aus diesem Anlass kritisch mit der Kanzlei an sich und ihren Leistungen auseinandersetzen. Allein der Umstand, dass die Antragstellerin als Anwaltskanzlei bzw. ihre Anwälte auch Organe der Rechtspflege sind, begründet insoweit keine besondere Schutzbedürftigkeit, zumal gerade Kritik an staatlichen Einrichtungen, sofern sie sich im Rahmen der zulässigen Grenzen hält, in besonderer Weise in einem demokratischen Rechtsstaat geschützt und ermöglicht werden soll. Die Bezeichnung nimmt in satirischer und überspitzter Weise Bezug auf die – aus Sicht der Antragsgegnerin – schlechten anwaltlichen Leistungen der Antragstellerin. Diese Kritik mag man teilen oder nicht; sie ist jedenfalls als Meinungsäußerung rechtlich zulässig.
Der Antrag zu 2., der sich auf die Untersagung eines auf mehrere Äußerungen gestützten Eindrucks richtet, ist ebenfalls unbegründet. Auch insoweit besteht kein Unterlassungsanspruch.“
Die Pressekammer des Landgerichts Hamburg war besetzt mit den Richterinnen Feustel (als Vorsitzende), Stallmann und Dr. Khan Durani. Sehr geehrte Damen, vielen Dank für Ihre objektive, professionelle Beurteilung. Die Richterwürde, nur nach Recht und Gesetz und ohne Ansehen der Person zu entscheiden, ist gewahrt.
Der Fall:
Cronemeyer Haisch Rechtsanwältinnen beantragten im März 2024 beim Landgericht Hamburg den Erlass einer Einstweiligen Verfügung, da sie wegen eines Elekronischen Denkmals aus dem Hause Buckminster NEUE ZEIT ihr Unternehmenspersönlichkeit verletzt und ihre Existenz gefährdet sahen.
Der Fall begann kurios, da das Landgericht Hamburg nur eine herkömmliche E-Mail mit dem Absender “LG ZK 24” an Buckminster NEUE ZEIT sendete, darin enthalten eine 127-seitige Antragsschrift inkl. Anlagen.
“Die Antragsgegnerin bittet um förmliche Zustellung an das genannte eBO-Postfach, unter dem sie zu erreichen ist.“
Es erfolgte die förmliche Zustellung, unter Gewährung der beantragten 7-Tages Frist für eine Stellungnahme. In den darauffolgenden zwei Monaten “Meinungskampf” gaben Cronemeyer Haisch zwei den Antrag ergänzende Stellungnahmen ab, die Antragsgegnerin vier oder fünf (je nachdem, ob die Ausführungen über die Notwendigkeit der förmlichen Zustellung dazuzählen).
Zuerst die Klagegesänge der Antragstellerin in Auszügen, und danach Auszüge aus der Verteidigung der Antragsgegnerin:
“Die Antragsgegnerin wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,- ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu insgesamt zwei Jahren, es zu unterlassen,
1.
unter Bezugnahme auf die Antragstellerin zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen und/oder zum Abruf bereitzuhalten und/oder bereithalten zu lassen
„Schwurbelmeyer Haschisch“ bzw. „schwurbelmeyer-haschisch.de“
wenn dies geschieht wie auf der Webseite unter https://schwurbelmeyer-haschisch.de/ spätestens seit dem 9. Februar 2024 unter anderem in der Webseiten-Domain und/oder wie nachfolgend abgebildet (Logo)
und/oder
2.
unter Bezugnahme auf die Antragstellerin durch die Behauptungen
a)
„Willkommen bei Schwurbelmeyer Haschisch – der Anwaltskanzlei, die so oft im Nebel stochert, dass man glauben könnte, wir wären alle bekifft!“
bzw.
b)
„Unser Motto? "Rauchen und Recht" – denn warum sich mit komplizierten juristischen Problemen herumschlagen, wenn man auch einfach einen Joint rauchen kann?”
bzw.
c)
„Unsere Mandantinnen und Mandanten können sich darauf verlassen, dass wir ihre Fälle mit der gleichen Sorgfalt und Präzision behandeln wie unser geliebtes Gras“
bzw.
d)
„Bei Schwurbelmeyer Haschisch vereinen wir nicht nur eine unvergleichliche Leidenschaft für legales Gras, sondern auch eine beeindruckende Fähigkeit, völligen Blödsinn in juristische Dokumente zu packen. Unser Motto? "Schwurbelei und Sativa"“
den unwahren Eindruck zu erwecken, die Antragstellerin bzw. ihre Mitarbeitenden konsumierten und/oder besäßen Drogen, insbesondere Cannabis bzw. Haschisch („Gras“) und/oder würden ihrer (anwaltlichen) Tätigkeit unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln nachgehen, wenn dies geschieht wie auf der Webseite unter https://schwurbelmeyer-haschisch.de/ spätestens seit dem 9. Februar 2024.”
[...]
“Die Antragstellerin wurde im September 2023 von Dritten mandatiert gegen diverse Webseiten vorzugehen, auf denen sich die Antragsgegnerin in (unternehmens-)persönlichkeitsrechtsverletzender Weise über die Auftraggeber und unter urheberrechtswidriger Verwendung von Abbildungen geäußert hatte. Die Antragsgegnerin wurde hinsichtlich verschiedener Webseiten sowie hinsichtlich von Weiterungen und neuen Beiträgen auf den vorbestehenden Webseiten insgesamt viermal abgemahnt, ehe im Dezember 2023 durch die Antragstellerin ein einstweiliger Verfügungsantrag gegen die Antragsgegnerin für die vormaligen Auftraggeber gestellt wurde (Edit: der Antrag scheiterte am Landgericht Berlin vollständig wgn. anfänglicher Unzulässigkeit und später wegen Unbegründetheit, darüber wird noch separat berichtet werden).
Bereits in der Mail erfolgten völlig anlasslose, unbegründete und komplett erfundene Andeutungen des Cannabis-Konsums, wenn die Antragsgegnerin „Grüße ins bekiffte Hamburg“ schickt [...]
Die Domain „https://schwurbelmeyer-haschisch.de/“ der streitgegenständlichen Webseite besteht aus den abgewandelten Namen der Gründungspartnerinnen der Antragstellerin, (Patricia) Cronemeyer und (Verena) Haisch, und dem Namen der Kanzlei „Cronemeyer Haisch“.
Diese abgewandelte Bezeichnung der Antragstellerin („Schwurbelmeyer Haschisch“) wird auf der Webseite mehrfach verwendet, unter anderem in der die Webseite anführenden Grafik aus Verfügungsantrag zu I.1., die als vermeintliches Kanzleilogo dargestellt wird.
Auf der Webseite wird zudem durch diverse Äußerungen der eindeutige aber völlig wahrheitswidrige Eindruck vermittelt, die Antragstellerin bzw. ihre Mitarbeitenden würden unter Einfluss von Drogen stehen und in der Folge (juristischen) Unsinn erzählen. Diesen Eindruck untermauert die Antragsgegnerin mit „Untermalungsmusik“ durch den Song „Because I got high“ von Afroman, der Cannabiskonsum verherrlicht, sowie durch ein Bild von Cannabis (vgl. Abbildungen unten).
Die Antragsgegnerin hält auf der streitgegenständlichen Webseite auch diverse Schriftsätze der Antragstellerin aus dem vorherigen Vorgehen für die vormaligen Auftraggeber bereit, die durch Klicks für jeden Besucher kostenfrei als PDF-Dokument herunterladbar sind.
Wir weisen abschließend darauf hin, dass die Antragsgegnerin auch gegen das Landgericht Berlin unter https://landgerichtsreport.de/ eine vergleichbare Webseite führt (Edit! Mimimimi)
Zudem ist auf der Webseite der Antragsgegnerin unter https://www.buckminster.de/ ︎︎︎ ganz unten eine Liste von weiteren Betroffenen aufgeführt, gegen die die Antragsgegnerin vergleichbare Webseiten erstellt hat, die sie selbst als „elektronische Denkmäler“ bezeichnet, vgl. Abbildung unten: (Edit! Mimimimi)
Die antragsgegenständlichen Äußerungen der Antragsgegnerin greifen in erheblicher und durch nichts gerechtfertigter Weise in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sowie das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Antragstellerin ein, woraus sich ein Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 1 und 2 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 19 Abs. 3 GG ergibt.
Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb schützt die ungestörte Betätigung und Entfaltung des Unternehmens in seinen einzelnen Erscheinungsformen und umfasst alles, was in der Gesamtheit den wirtschaftlichen Wert des Betriebs ausmacht (vgl. BGHZ 3, 270 (279 f.); BAGE 152, 240 Rn. 35 = VersR 2016, 1508 = NJW 2016, 666). Erforderlich ist dafür, dass ein betriebsbezogener Eingriff vorliegt, der nicht nur einzelne Rechtspositionen betrifft, die ohnedies deliktischen Schutz genießen und der bei Abwägung der konfligierenden Interessen im Einzelfall zu vermeiden war (vgl. MüKoBGB/Wagner, 9. Aufl. 2024, BGB § 823 Rn. 415).
Das Unternehmenspersönlichkeitsrecht gewährt Schutz gegen Beeinträchtigungen des sozialen Geltungsanspruchs von korporativ verfassten Wirtschaftsunternehmen (vgl. BGHZ 98, 94 (97) = NJW 1986, 2951; BGH NJW 2015, 773 Rn. 12 = VersR 2015, 247; BGHZ 206, 289 Rn. 27 = NJW 2016, 56; BGH NJW 2020, 1587 Rn. 34; offen BVerfGE 106, 28 (42) = NJW 2002, 3619). Die Schutzbereiche des Unternehmenspersönlichkeitsrechts einerseits und des Rechts am Gewerbebetrieb andererseits, sind nicht klar voneinander abgegrenzt, sondern überschneiden sich (vgl. MüKoBGB/Wagner, 9. Aufl. 2024, BGB § 823 Rn. 416).
Bereits die Domain https://schwurbelmeyer-haschisch.de/ verletzt das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Antragstellerin, indem dabei der Kanzleiname und die die Namen der Gründungspartnerinnen (Cronemeyer und Haisch) erkennbar abgewandelt werden.
Schon mit der Kombination von „Schwurbelmeyer Haschisch“ erzeugt die Antragsgegnerin folglich den wahrheitswidrigen, zwingenden Eindruck, die Antragsgegnerin würde auch während der Berufsausübung illegale Drogen konsumieren und in der Folge (juristischen) Unsinn erzählen. Der Eindruck wird durch die weiteren angegriffenen Äußerungen der Antragsgegnerin sowie die „Untermalungsmusik“ („Because I got high“ von Afroman) enorm verstärkt und verfestigt.
Die Antragsgegnerin behauptet damit, die Antragstellerin bzw. ihre Mitarbeitenden wären bei Ausübung ihrer anwaltlichen Tätigkeiten unter dem Einfluss illegaler Drogen, genauer „bekifft“. Sie behauptet wahrheitswidrig, das Motto der Antragstellerin sei „Rauchen und Recht“ und dass ihre Mitarbeitenden den Cannabis-Konsum im Verhältnis zur Berufsausübung priorisieren würden.
Zudem würde die Antragstellerin bzw. ihre Mitarbeitenden Cannabis („Gras“), also illegale Drogen lieben und eine „unvergleichliche Leidenschaft“ dafür haben“. Dies stellt die Antragsgegnerin in einen Zusammenhang damit, dass die Antragstellerin bzw. ihre Mitarbeitenden aufgrund dieses Konsums „völligen Blödsinn in juristische Dokumente“ packen würde. Erneut stellt sie Cannabis bzw. Hanf (umgangssprachlich auch als „Sativa“ bezeichnet) als Teil des Kanzleimottos der Antragstellerin dar.
Mit all diesen Äußerungen erzeugt die Antragsgegnerin den unmissverständlichen Eindruck des illegalen Drogenkonsums der Mitarbeitenden der Antragstellerin auch während der Ausübung der Rechtsanwaltstätigkeit mit entsprechenden negativen Auswirkungen, u.a. auch auf die Erfolgschancen eines etwaigen rechtlichen Vorgehens durch die Antragstellerin für (potentielle) Mandanten. Der erzeugte Eindruck ist stark geschäftsschädigend und ehrverletzend. Alternative Deutungsmöglichkeiten der o.g. Aussage sind bei lebensnaher Betrachtung und Zugrundelegung des Gesamtkontextes und des Verständnisses des Durchschnittsbetrachters schlichtweg nicht denkbar.
Potentielle Mandanten der Antragstellerin, die etwa über eine Internetrecherche bei Google auf die Suche nach anwaltlicher Beratung im Medien- und Presserecht gehen oder die gezielt nach dem Namen der Antragstellerin suchen, werden bei einer Recherche nach „Cronemeyer Haisch“ mittlerweile an dritter und damit an prominenter Stelle auf die streitgegenständliche Webseite gestoßen. Der objektive Besucher dieser Webseite wird dann mit den antragsgegenständlichen Äußerungen der Antragsgegnerin konfrontiert und gewinnt unweigerlich den falschen Eindruck, die Antragstellerin bzw. ihre Mitarbeiter würden illegale Drogen konsumieren, würden unter diesem Einfluss ihrer anwaltlichen Tätigkeit nachgehen (mit den entsprechenden negativen Auswirkungen auf die Tätigkeit) und hätten generell eine Affinität zu Cannabis.
Kaum ein Mensch wird Rechtsanwälte mandatieren, hinsichtlich derer er den Eindruck vernimmt, sie würden illegale Drogen bei der (anwaltlichen) Arbeit konsumieren. Potentielle Mandanten werden die Erfolgschancen eines rechtlichen Vorgehens durch die Antragstellerin bei hypothetischer Mandatierung dadurch als stark gefährdet einschätzen und dementsprechend von einer Beauftragung absehen. Die Kompetenz, Glaubwürdigkeit und Seriosität der Antragstellerin und ihrer Mitarbeitenden werden durch diese Äußerungen erheblich in Zweifel gezogen und untergraben. Daraus ergeben sich verheerende Auswirkungen auf die Außenwahrnehmung und die Reputation der Antragstellerin. Für die Geschäftstätigkeit einer Rechtsanwaltskanzlei sind diese existenziell, weshalb sich die Äußerungen der Antragsgegnerin als schwer geschäftsschädigend und unternehmenspersönlichkeitsrechtsverletzend erweisen.
Die streitgegenständlichen Äußerungen und der erzeugte Eindruck wiegen bei der Antragstellerin, die als Rechtsanwaltskanzlei Organ der Rechtspflege ist und damit zur erhöhten Rechtstreue verpflichtet ist, umso schwerer. Die Äußerungen können für Rechtsanwälte zu einer die Existenz bedrohenden Gefährdung werden (vgl. BVerfG vom 17.09.2012 - 1 BVR 2979/10).
Nach alledem handelt es sich um offensichtliche und klar erkennbare Rechtsverletzungen zulasten der Antragstellerin. Ein Unterlassungsanspruch ist daher gegeben.”
[...]
Anfang Mai 2024 ergänzt:
“Der von der Kammer genannten Tendenz, der Meinungs- bzw. Satirefreiheit der Antragsgegnerin den Vorrang einräumen zu wollen, kann diesseits nicht gefolgt werden. Denn hierbei werden die konkreten Umstände des vorliegenden Falles nicht ausreichend berücksichtigt.
Bei den streitgegenständlichen Äußerungen ist in der Abwägung der widerstreitenden Interessen in besonderem Maße zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin hier explizit in ihrer Funktion als Gemeinschaft von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten und damit als Organ der Rechtspflege angegriffen wird. Wir verweisen auf das BVerfG (MMR 2020, 834, 837)
Der Antragstellerin bzw. den Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten der Antragstellerin wird durch die antragsgegenständlichen Äußerungen grundlos und wahrheitswidrig der Konsum von Drogen bei der Verrichtung der anwaltlichen Tätigkeiten unterstellt. Hierin liegt eine konkrete Bezugnahme auf die anwaltliche Stellung und eine Verknüpfung mit der anwaltlichen Berufsausübung, die von der Antragsgegnerin bewusst vorgenommen wird. Jenseits einer sachlichen Auseinandersetzung geht es der Antragsgegnerin offensichtlich nur um die Diffamierung, Bloßstellung und Rufschädigung der Antragstellerin, sodass ihren betroffenen Grundrechten von vornherein nur ein verminderter Schutz zukommt. Denn die Antragsgegnerin verfolgt schon kein öffentliches Interesse mit Ihren Äußerungen, sondern verletzt im Gegenteil öffentliche Interessen, wenn sie Organe der Rechtspflege in der geschehenen Art und Weise diffamiert und wahrheitswidrig des Drogenkonsums bezichtigt. Dem gegenüber sind die Interessen der Antragstellerin aufgrund der Stellung als Organ der Rechtspflege entsprechend hoch zu würdigen, insbesondere da die Äußerungen den expliziten Bezug zur Rechtsanwaltschaft herstellen.”
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Dagegen wurde gehalten (Auszüge):
“Mit Blick auf den Antrag zu 1), der dem Phantasienamen „Schwurbelmeyer Haschisch“ und der Domain „schwurbelmeyer-haschisch.de“ eine Rechtsverletzung unterstellt, ist schon unklar, worin diese liegen soll. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Reinhaltung ihres Rufs. Wegen des in sich schlüssig überzeichneten Charakters der gesamten Website, liegt objektiv betrachtet schon keine Äußerung vor, mit der ernsthaft behauptet wird, die Antragstellerin konsumiere Drogen. Es ist auch unzulässig, nur einzelne Passagen aus dem Gesamtkontext zu lösen. Verfassungsrechtlich vorgegeben ist eine Gesamtschau auf den Kontext.
[...]
Die Behauptung der Antragstellerin, wonach die Antragsgegnerin in Mandaten, die die Antragstellerin u.a. für eine Berliner Kanzlei betreute als Reaktion auf die Abmahnung „umfangreiche Unterlassungsverpflichtungserklärungen abgegeben habe“ ist komplett falsch. Die Antragstellerin machte im Dezember 2023 (E-Mail vom 15.12.2023 -> noch am selben Tag wurde der Antrag gestellt) ihr angeblich eilbedürftiges Unterlassungsbegehren für besagte Mandanten beim Landgericht Berlin II anhängig. Der Antrag war allerdings in Gänze unzulässig. Im Stadium der Unzulässigkeit gab die Antragsgegnerin lediglich für einen Teil vorsorgliche Unterlassungserklärungen ab, sofern dies u.a. Fotomontagen der Berliner Rechtsanwälte betraf, von denen nicht klar war, wie das Gericht über diese entscheiden würde.
Aufgrund der verschiedenen „Arbeitsleistungen“ der Antragstellerin in Richtung der Antragsgegnerin war zu besorgen, dass die Antragstellerin bei der Ausübung ihrer Arbeit „nicht bei Verstand“ oder „im Verstand bzw. ihrer Wahrnehmung“ beeinträchtigt gewesen sein könnte.
In der Verballhornung des Namens der Antragstellerin mag eine Beeinträchtigung liegen, mehr aber auch nicht.
Die Antragstellerin hat nicht dargelegt, worin die Ähnlichkeit des angegriffenen Logos zu ihrem offiziellen Unternehmenslogo liegen soll, und aus welchen Gründen sie über das abgewandelte Logo identifizierbar ist.
Bereits farblich besteht ein deutlicher Unterschied, denn das nachgebildete Logo arbeitet mit den Farbtönen Schwarz und Pink, wohingegen das offizielle Logo der Antragstellerin aus einem dunklerem Rot und Graustufen besteht. Das Logo der Antragstellerin ist auch linksbündig gesetzt, wohingegen das Logo der Antragsgegnerin mittig ausgerichtet ist.
Auch ist es unwahrscheinlich und sogar absurd, dass die Antragstellerin jeden Tag bei Google gesucht wird. Es wird sogar Tage geben, an denen niemand nach der Antragstellerin sucht. Der Grad der Verletzung oder Beeinträchtigung ist daher allenfalls gering.
Die von der Antragstellerin gegenüber dem Prozessgericht reklamierten Erfolge am Landgericht Berlin sind ohne Substanz, denn das Verfahren scheitert entweder wegen Unzulässigkeit oder, sollte der Antrag in die Zulässigkeit erwachsen sein, wegen Unbegründetheit (ex-nunc).
Sich über die mangelhafte Arbeit der Antragstellerin lustig zu machen, diese auch scharf zu kritisieren, und ihren Unternehmensnamen verballhornend abzuwandeln ist vollumfassend von Art. 5 GG geschützt.
Die Antragstellerin ist nicht „schwerwiegend“ oder gar „existenzbedrohlich“ betroffen. Es wäre ja misslich, wenn die wirtschaftliche Existenz der Antragstellerin von der Kundgabe lediglich einer Meinung (in Gestalt der Website und den dort befindlichen Inhalten) abhinge. Offenkundig hätte die Antragstellerin damit in ihrem Unternehmerleben etwas falsch gemacht. Das unter www.schwurbelmeyer-haschisch.de geschriebene, gestaltete und veröffentlichte Meinungsbild ist nur eines von vielen über die Antragstellerin.
Die Antragsgegnerin betreibt auch keine rufschädigende Kampagne.
Der Antragstellerin, die sich als kundige und erfahrene Rechtsanwaltskanzlei geriert, drückt auch ganz offensichtlich monetär der Schuh, denn wiederholt behelligt sie die Antragsgegnerin außergerichtlich mit unbegründeten Zahlungsansprüchen, die sie sowohl am 12. März 2024 und kurz darauf später mit zweiter Rechnung vom 16. April 2024 an die Antragsgegnerin herangetragen hat.
In beiden Fällen wurde die absurde Rechnungsstellung mit Verweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (keine Erstattung von Abmahnkosten bei Selbstauftrag von Rechtsanwälten) zurückgewiesen.
Eine juristische Laiin muss dem vermeintlichen Profi die geltende Rechtslage erklären.
Nicht die zulässige Kritik an der Antragstellerin ist zu beanstanden, sondern deren Dünnhäutigkeit in einem wortreichen Unternehmensuntergangsszenario.
Die Antragstellerin ist lediglich in ihrer Sozialsphäre betroffen, auch scharfe Kritik hat sie hinzunehmen. Demzufolge hat sie auch überspitzte, überzeichnete oder satirische Kritik hinzunehmen. Ein gegen die guten Sitten verstoßender abwertender Charakter liegt in der Verballhornung des Namens der Antragstellerin offenkundig nicht.
Bezogen auf den Antrag zu 2 a bis d) ist kein Verfügungsanspruch gegeben. Demzufolge ist auch kein Verfügungsgrund gegeben. Bezogen auf den zweiten Teil des Antrags zu 1) Abbildung des Logos, sind weder ein Verfügungsanspruch noch ein Verfügungsgrund gegeben:
„Die Antragstellerin kann zwar als juristische Person des Privatrechts auch Träger der in § 823 BGB genannten Rechte sein, insbesondere genießt sie den von § 823 BGB gewährleisteten Schutz am eingerichteten und ausgerichteten Gewerbebetrieb. Er ist in der Rechtsprechung als sonstiges Recht im Sinne von Abs. 1 anerkannt. Es handelt sich hierbei um einen offenen Auffangtatbestand, der eine sonst bestehende Lücke, insbesondere im gewerblichen Rechtsschutz schließen soll (BGH, NJW 2006, 830; Palandt-Sprau, BGB, 80. Aufl., § 823 Rz. 20). Dabei genießt die Antragstellerin als juristische Person privaten Rechts Persönlichkeitsschutz in dem Umfang, in dem durch ihr Wesen als Zweckschöpfung des Rechts ihre satzungsgemäßen Funktionen und ihre soziale Wertgeltung beschränkt wird (BGH, NJW 16, 1584, Rz. 11; Palandt-Sprau, a.a.O., § 823 Rz. 91 m.w.N.; Senat, Urteil vom 01.06.2018 – 4 U 217/18 und 4 U 218/18 – juris, Rz. 18).
Soweit es sich hierbei um nachprüfbare Fakten handelt, steht hier also allein die Gefahr wahrer Tatsachenbehauptungen im Raum, auf deren Unterlassung grundsätzlich kein Anspruch besteht. Sofern die Äußerungen des Antragsgegners dahin gehen sollten, der Antragstellerin ein betrügerisches Geschäftsgebaren vorzuwerfen, sind solche Äußerungen im allgemeinen Meinungsäußerungen und keine Tatsachenaussagen (vgl. BGH, NJW-RR 1999, 151 – „Bestechung“; Damm/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadenersatz in den Medien, 3. Aufl. Rz. 602 m.w.N.). Eine scharfe Kritik müsste die Antragstellerin als Meinungsäußerung hinnehmen. Als juristische Person des Privatrechts kann sie bereits begrifflich nicht in ihrer Intimsphäre verletzt sein, sondern allenfalls im Rahmen ihres Geltungsanspruchs als Unternehmen in ihrer Sozialsphäre. Aus diesem Grunde haben juristische Personen des Privatrechts auch unsachliche Kritik grundsätzlich hinzunehmen (Senatsurteil vom 01.06.2018 – 4 U 217/18 und 218/18, Rz. 18). Bei den angedrohten Äußerungen handelt es sich zudem nicht um Schmähkritik. Eine Äußerung ist nicht bereits dann als Schmähkritik anzusehen, wenn sie polemisch zugespitzt wird oder in sachlicher Hinsicht überzogen oder ausfällig ist. Hinzutreten muss vielmehr eine das sachliche Anliegen der Äußerung völlig in den Hintergrund drängende persönliche Kränkung (Senatsurteil, a.a.O.; BGH, Urteil vom 27.02.2018, VI ZR 489/16, Rz. 37). Dies ist vorliegend nach dem eigenen Vorbringen der Antragstellerin nicht der Fall. Der Antragsgegner möchte nach den Darlegungen der Antragstellerin Missstände im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit der Antragstellerin aufzeigen und dies mit möglichst großer Verbreitung. Daher stünde ein sachliches Anliegen des Antragsgegners im Vordergrund.
OLG Dresden, Beschluss vom 07.06.2021, Az. 4 W 235/21 § 823 Abs. 1 BGB, § 1004 Abs. 1 S.2 BGB analog”
So liegt der Fall hier.
https://schwurbelmeyer-haschisch.de/ ︎︎︎
“Es geht mir um Ihre Abmahnpraxis: Ich lege Wert darauf, dass toxische Abmahnpraktiken nicht ohne Konsequenz bleiben. Exemplarisch hierfür steht Ihre Abmahnung von August 2023, die inhaltlich zerrissen werden kann. Sie schossen einfach unkoordiniert ins Feld und warteten, wer oder was sich bewegt. Dass Sie dadurch die Lebens- und Unternehmerzeit anderer Menschen stehlen, scheint Ihnen völlig egal zu sein.”
Berlin, am 16.05.2024 © Buckminster NEUE ZEIT