Der Berichterstatter erklärt Richtern ihren Beruf


In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren VG 1 K 468/23 (VG Potsdam) leugnen Verantwortliche des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg eine Rechtsverletzung durch falsche Tatsachenbehauptung des Richters Stephan Korte:

“Für zuständig erklärte sich im Beschwerdeverfahren der 29. Senat der handelnden Behörde —Landessozialgericht Berlin-Brandenburg— dessen Rechtsträger der Beklagte ist.

Die Klägerin erhielt verfahrensbedingt gerichtliche Schreiben, datierend auf den 06. Januar 2022, 07. Januar 2022, 20. Januar 2022, 24. Januar 2022, die allesamt die falsche Behauptung enthielten, der gesetzlich Name der Klägerin sei »Xxxx X. Xxxxxxx«

Offensichtlich wird mit den zeitlich genannten Schreiben eine falsche Tatsache behauptet, denn der gesetzliche Name der Klägerin lautet »Xxxx X. Xxxxxxx«

In dieser bewusst falschen Tatsachenbehauptung liegt die Rechtsverletzung, die die Klägerin dauerhaft beseitigt sehen möchte. Sie hat deswegen ihre Klage auf Unterlassung erhoben.”

Das beklagte Land, vertreten durch das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, behauptet, die Klage sei unzulässig und unbegründet. Alles ist aus Versehen passiert. Rechte der Klägerin sind egal. Wir sind die Größten. Das Verwaltungsgericht wird das genauso sehen und die Klage als unzulässig abweisen.

Mit Schreiben vom 08. Mai 2023 meldet sich der Vorsitzende Richter der 1. Kammer und teilt mit:

“Die Klage dürfte nach Aktenlage bei vorläufiger Betrachtung keine Aussicht auf Erfolg haben. Insbesondere dürfte die Klage, wie die (sic!) Beklagte mit ihrer Klageerwiderung vom 17. April 2023 wohl zu Recht herausgestellt hat, bereits nicht zulässig sein. Eine Wiederholungsgefahr dürfte nicht substantiiert und überzeugend vorgetragen worden sein.”

Der Richter legt der Klägerin die Klagerücknahme ans Herz. Oder diese ergänzend zu begründen.

Aha.

Da muss die Klägerin nicht lange überlegen, sondern mit der Faust auf den Tisch hauen. Im Selbststudium reicht sie ihren priorisierenden Schriftsatz ein und begründet wie folgt (Auszüge):

Die Klägerin beantragt
Dem Beklagten —das Land Brandenburg als Rechtsträger— und seiner handelnden Behörde, dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, einschließlich seiner Bediensteten, wird es unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt,
in Bezug auf die Klägerin zu behaupten, ihr gesetzlicher Name sei
»Xxxx X. Xxxxxxx«
wenn dies geschieht, wie mit gerichtlichen Schreiben des 29. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 06. Januar 2022, 07. Januar 2022, 20. Januar 2022, 24. Januar 2022
in der Anlage K U 1
ersichtlich.


Die Klage ist gem. § 40 Abs. 1, Satz 1 VwGO in Verb. mit § 42 Abs. 2 VwGO zulässig. Zuständig ist das Verwaltungsgericht Potsdam. Da die Klägerin keine Zahlungsansprüche geltend macht, ist der Weg zum Amts- oder Landgericht gerade nicht eröffnet. Die Klägerin begehrt Unterlassung, da sie durch richterliches bzw. hoheitliches, zumindest aber amtspflichtbezogenes Handeln von Bediensteten der handelnden Behörde, deren Rechtsträger der Beklagte ist, vorsätzlich in ihren Rechten nach Art 2 GG, §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 12 BGB, §§ 1, 3 Abs. 2, 9 NamÄndG verletzt wurde.

Die Klägerin sieht sich durch falsche bzw. bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen vor allem in ihrer Ehre und in ihrer Persönlichkeit verletzt.

Das Verwaltungsgericht ist kraft Aufgabenzusammenhang für die Unterlassungsklage der Klägerin zuständig, denn für die sachliche und örtliche Zuständigkeit ist entscheidungserheblich die Frage, ob es zwischen der rechtsverletzenden Handlung (falsche Tatsachenbehauptung) und dem Amt des Verletzers einen inneren Zusammenhang gibt, was unbestreitbar der Fall ist, denn der 29. Senat, insbesondere der in Bezug genommene (ursächliche) Störer und Verletzer —der Vorsitzende Richter Stephan Korte— muss sich den einheitlichen Lebensvorgang (Beschwerdeverfahren der Klägerin am LSG Berlin-Brandenburg als 2. Instanz, Rechtsverletzung innerhalb dieses Verfahrens) zurechnen lassen.

Schlechterdings absurd ist die Behauptung des Beklagten, der einzige Rechtsweg könne darin bestehen, Maßgaben des Sozialgerichtsgesetzes zur Beseitigung der Störung heranzuziehen. Diese Auffassung zeugt von grober Unkenntnis.

Der Klägerin ist im Unterlassungsverfahren stets der Rechtsweg zu den Verwaltungs- oder Landgerichten eröffnet. Da die Beseitigung einer Rechtsverletzung durch falsche Tatsachenbehauptung begehrt wird, und kein Zahlungsanspruch geltend gemacht wird, ist das Verwaltungsgericht in der Sache alleinzuständig. Bei ehrverletzenden Äußerungen —die eine falsche Tatsachenbehauptung in Bezug auf den Namen der Klägerin zweifelsfrei darstellt— haftet der Rechtsträger der angegriffenen Behörde und ihrer Bediensteten, in dem Fall das beklagte Land Brandenburg. [...]

Indem der Beklagte (in Gestalt des 29. Senats, vertreten durch den Vorsitzenden Richter Stephan Korte), ab sofort nur noch —Beklagter— gleich viermal behauptet hat, der gesetzliche Name der Klägerin laute Xxxx und nicht Xxxx, beging er vier eigenständige unwahre Tatsachenbehauptungen. Dass der Name der Klägerin Xxxx und nicht Xxxx lautet, drängt sich auf und ist ohne Weiteres dem Beweis zugänglich. Die beanstandete Tatsachenbehauptung ist rechtswidrig, wenn sie unwahr ist. [...]

Es drängt sich auf, dass der Senatsvorsitzende unter Missbrauch seines Amtes, und, da er sich durch die Untersagung der Klägerin auf den Schlips getreten fühlte, den Namen der Klägerin auch ein viertes Mal falsch schrieben ließ und damit eine falsche Tatsachenbehauptung in Kauf nahm. Ob sich diese Rechtsverletzung im Adressfeld oder im Rubrum des Beschlusses vom 24.01.2022 verwirklicht hat, ist dabei völlig irrelevant.

Sofern die Klägerin also von bisherigem (Rechts)Vortrag abweicht, ist das gewollt. Es gelten die Rechts- und Inhaltsausführungen aus dem priorisierenden Schriftsatz der Klägerin vom 13.07.2023.

Dass der landessozialgerichtliche 29. Senat in Gestalt des Richters Korte eine falsche Tatsache behauptet hat, wurde weder von diesem noch vom Beklagten bestritten. Die Rechtsverletzung an sich ist folglich unstreitig. Ebenso muss klar sein, dass mit der (beharrlichen) falschen Tatsachenbehauptung und der damit einhergehenden (respektlosen) Falschnennung des Namens der Klägerin, kein Versehen, sondern Absicht vorliegt. [...]

Dass ein Dritter durch absichtsvolles Handeln eines Richters (Amtsträgers) in seinen Namens-und Persönlichkeitsrechten verletzt wird, ist sicherlich nicht alltäglich. Dass der Fall besonders schwierig sei, kann hingegen nicht angenommen werden. Er verlangt aber eine Auseinandersetzung und belastbare Kenntnisse auf den verschiedenen Rechtsgebieten und Ebenen des Verwaltungs-, Wettbewerbs- und Zivilrechts. Der Verweis auf das Sozialgerichtsgesetz —wie irrig durch den Beklagten vorgenommen— ist bei einem Unterlassungsanspruch aus falscher Tatsachenbehauptung und rechtswidrigem Verwaltungshandeln schlechterdings abwegig.

Entgegen der Auffassung des Beklagten besteht auch eine Wiederholungsgefahr, die (ursprünglich) nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung des eigentlichen Störers —VRiLSG Stephan Korte— und (nunmehrig) durch Erklärung der handelnden Behörde bzw. ihrem Rechtsträger (Land Brandenburg) hätte ausgeräumt werden können.

Der Unterlassungsanspruch der Klägerin begründet sich aus unlauterer Handlung, nämlich, dass in Bezug auf ihren gesetzlichen Namen eine falsche Tatsache behauptet wurde. Sie ist deshalb anspruchsberechtigt.

Durch die Aufgabe des rechtsverletzenden Verhaltens entfällt die Wiederholungsgefahr grundsätzlich nicht. Die aus einem früheren rechtswidrigen Handeln erfahrungsgemäß abgeleitete ernsthafte Besorgnis, dass der Verletzer auch weiterhin in gleicher Weise handeln wird, endet daher im Allgemeinen nicht aufgrund der Aufgabe der Betätigung, in deren Rahmen die Verletzung erfolgt ist (BGH, Urt. v. 2. 10. 2012, I ZR 82/11, Tz. 58 - Völkl, mwN).

Die Rechtsverletzung wurde nicht ausgeräumt. Die Wiederholungsgefahr ist durch die bereits eingetretene (mehrfache) Rechtsverletzung durch falsche Tatsachenbehauptung indiziert. [...]

Über die Frage der Zulässigkeit der Klage ist auf den Funktionszusammenhang abzustellen. »Äußerungen im Zusammenhang mit amtlicher Tätigkeit sind danach als öffentlich-rechtlich, solche im privaten Rahmen als privatrechtlich einzustufen (OVG Münster NJW 88, 2636).« Der Funktionszusammenhang liegt ausschließlich in der amtlichen Tätigkeit des Beklagten, in dessen Sphäre die rechtsverletzende Äußerung zum Nachteil der Klägerin eingetreten ist.

Der Beklagte ist, sofern dieser innerhalb von 2 Wochen ab Zustellung dieses Schriftsatzes nicht doch noch zur Vernunft oder Besinnung kommt und gegenüber der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts Potsdam eine strafbewehrte, die Wiederholungsgefahr ausräumende, Unterlassungserklärung für die handelnde Behörde und ihre Bediensteten abgibt, antragsgemäß zu verurteilen. Dem Beklagten sind die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.”

Reaktion des Beklagten vom 22. August 2023:

Der Beklagte gab keine Unterlassungserklärung ab, sondern äußerte sich erneut schriftsätzlich. Aus dem Schreiben des Beklagten vom 15.08.2023 wird zitiert:

“Der Klage fehlt es bereits an der Zulässigkeit, denn es besteht ohne Zweifel keinerlei Wiederholungsgefahr. Ich verweise auf den Schriftsatz des Beklagten vom 17. April 2023. Änderungen ergeben sich nicht. Eine Gefahr, dass seitens des VRLSG Korte (oder von anderen Bediensteten des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg) der Vorname der Klägerin in gerichtlichen Schreiben (in der nahen oder fernen Zukunft) unrichtig geschrieben sein wird, besteht nicht. [...]

Die Heranziehung von Maßstäben aus dem Wettbewerbsrecht oder presserechtlichen Verfahren liegt hiesigen Erachtens neben der Sache. (Berichterstatter: Besonders bemerkenswerte Auffassung!)

Selbst wenn sie berechtigt wären, bestehen aus der in der Vergangenheit liegenden unrichtigen Bezeichnung des Vornamens keinerlei Anhaltspunkte für eine daraus abgeleitete (ernsthafte) Besorgnis, dass sich dies wiederholen könnte. [...]

Es kann daher auch dahingestellt bleiben, ob die unrichtige Bezeichnung einer Klägerin in gerichtlichen Schreiben, welche an sie gerichtet werden, falsche bzw. bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen sein können, welche sie in ihrer Ehre und Persönlichkeit verletzen. Es fehlt insoweit im hiesigen Fall bereits an einer bewussten oder gar absichtsvollen „Behauptung“, denn eine solche kann in einer wiederholten, versehentlich erfolgten unrichtigen Schreibweise eines Vornamens nicht gesehen werden.”

gez. Armbruster (für den Beklagten)

Die Erwiderung der Klägerin vom 30.08.2023, ebenfalls in Auszügen:

“Dass dem Beklagten nicht geläufig ist, dass im Äußerungsrecht Analogien zum Wettbewerbsrecht herangezogen werden, zeugt nur ein weiteres Mal von Unkenntnis, fehlendem Sachverstand und mangelnder Einsicht. Die Klägerin macht aufgrund wiederholt falscher Tatsachenbehauptung ihr Recht und ihren Anspruch auf Unterlassung geltend. Es genügt bereits die einmalige Verletzungshandlung, die den Anspruch auf Unterlassung auslöst und mithin die Wiederholungsgefahr indiziert.

An der Zulässigkeit der Klage besteht weiterhin kein Zweifel. Auch nicht an der Begründetheit.

Erschreckend ist daher nicht bloß die unsachliche Weigerung des Beklagten, das Recht der Klägerin anzuerkennen bzw. einzuräumen und das Verfahren durch Anerkenntnis zu beenden, sondern die grobe Unkenntnis über den Streitgegenstand mit Sätzen wie diesen:

„Die Heranziehung von Maßstäben aus dem Wettbewerbsrecht oder presserechtlichen Verfahren liegt hiesigen Erachtens neben der Sache.“

Dass eine falsche Tatsache behauptet wurde, ist Fakt. Das wird mit der zulässigen Klage aufgegriffen und angegriffen.
Der Beklagte hält auch mit der gleichen Unwissenheit an seiner fehlerhaften Auffassung zur Wiederholungsgefahr fest.

Die in Einbildung und Teilnahmslosigkeit getränkte Gesinnung des Beklagten erkennt die Klägerin schließlich hieran (Vgl. S. 2 Schreiben des Beklagten v. 15.08.2023):

„Es kann daher auch dahingestellt bleiben, ob die unrichtige Bezeichnung einer Klägerin in gerichtlichen Schreiben, welche an sie gerichtet werden, falsche bzw. bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen sein können, welche sie in ihrer Ehre und Persönlichkeit verletzen.“

Dahingestellt bleiben kann gar nichts, denn um die Negierung dreht sich die Klageforderung. Worüber sollte das zuständige Gericht sonst urteilen? Kaum zu glauben, was die Klägerin in dem stümperhaft erstellten 2-Seiter liest, aber es ist tatsächlich so geschehen. Die Klägerin hielt das Schreiben zunächst für schlechte Satire.

Der Klage ist stattzugeben. Sie ist zulässig und begründet.“

Berlin, am 12.09.2023 © Buckminster NEUE ZEIT
Tel.: 0302888360
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